Wundertüte FC Bayern - Von „Bratwürsten“ zu „Superstars“
München (dpa) - Auch im nächsten Sieben-Tore-Rausch wurden die Bayern nicht tollkühn: Barcelona und Superstar Lionel Messi können kommen - aber bitte, bitte erst im Heimfinale am 19. Mai.
So lautete die einhellige Botschaft der nicht mehr zu begreifenden Münchner Edelkicker nach ihrem Rekordsieg in der Champions League. „Ihr seid hier alle Träumer“, belehrte Präsident Uli Hoeneß nach der 7:0-Gala gegen den FC Basel die Reporter in den Stadionkatakomben: „Jetzt geht es erst richtig los. Jetzt kommen die Vereine wie Barcelona, Real Madrid, wie AC Mailand. Da kann man doch nicht so euphorisch sein, zu glauben, dass man im Vorbeigehen die Champions League gewinnt.“
Im Vorbeigehen nicht - aber mit Glück bei der Auslosung der Viertel- und Halbfinalpaarungen am Freitag (12.00 Uhr) sowie Fußball-Sternstunden wie gegen Basel könnte in der Wundertüte FC Bayern am Ende auch der Titelgewinn stecken. „Wenn wir so spielen, ist egal, was kommt“, verkündete Franck Ribéry kämpferisch: „Wir sind bereit für alles! Wir sind Bayern München! Wir haben keine Angst!“
Und trotzdem: APOEL Nikosia oder Benfica Lissabon würden die Bayern im Viertelfinale am 27./28. März und 3./4. April mit Handkuss als Gegner nehmen. Die Favoriten wie Barça „können gerne noch etwas warten“, meinte Arjen Robben. Der Holländer war wie die 66 000 Zuschauer im Stadion überwältigt von der zweiten Tor-Explosion nur drei Tage nach dem 7:1 gegen Hoffenheim: „14 Tore in zwei Spielen - was will man mehr?“, schwärmte Robben, der das Schützenfest eröffnet und beschlossen hatte. Dazwischen gab es das wichtige 2:0 von Thomas Müller sowie die Vier-Tore-Gala des Messi-Jägers Mario Gomez.
Im vergeblichen Kampf mit der Schnelllebigkeit des Fußballs rieb sich derweil Hoeneß auf, der von den vielen Freudensprüngen auf der Tribüne inzwischen Muskelkater haben müsste. „Vor 14 Tagen waren sie alle Bratwürste - und jetzt sollen sie alle Superstars sein?“, bemerkte der Präsident erregt zur rätselhaften Verwandlung der Bayern-Profis, die noch in Basel mit 0:1 verloren hatten und in der Bundesliga Borussia Dortmund enteilen ließen. „Vor zwei Wochen hatten wir kein Konzept, der Trainer war zu alt“, schnaubte Hoeneß. „In so einem Auf und Ab möchte ich nicht leben, das kotzt mich an.“
Das Rätsel FC Bayern aber konnte auch Hoeneß nicht auflösen. „Möglicherweise muss die Mannschaft erst mit dem Rücken zur Wand stehen, um zu solchen Leistungen fähig zu sein“, spekulierte der Präsident. Die Champions League wirkt wie ein Aufputschmittel, zudem rückte die in die Enge getriebene Startruppe zusammen.
„Wenn du bei Bayern nicht so gut spielst, kriegst du das gleich in drei- oder vierfacher Dimension um die Ohren“, erläuterte Gomez. Auch die hoch bezahlten Stars sind keine Maschinen, wie Torschütze Müller mit einem bemerkenswerten Einblick ins Seelenleben erkennen ließ: „Auch wenn ich immer so tue, als ob ich ein cooler Hund bin, nehme ich mir das schon zu Herzen, wenn es nicht ganz so gut läuft.“
Jetzt juppt es wieder, hinten wie vorne. Und besonders bei den Ausnahmekönnern Ribéry und Robben sowie Tormaschine Gomez. „Wenn Franck und Arjen so spielen wie heute, kann sie keiner auf dieser Erde stoppen“, schwärmte Gomez über das Turbo-Duo: „Irgendjemand muss die Dribblings abschließen - und dafür bin ich da.“
Gomez hätte den Fünf-Tore-Rekord von Lionel Messi in der Champions League, den der Argentinier erst vor einer Woche beim 7:1 des FC Barcelona gegen Bayer Leverkusen aufgestellt hatte, fast egalisiert. Mit zehn Saisontreffern jagt er aber den Weltfußballer (12) im Kampf um die Torjägerkrone in der Königsklasse. „Und vor zwei Wochen hat es noch geheißen, er sei die größte Gurke“, hielt Müller kopfschüttelnd den Gomez-Kritikern vor.
Nach dem „perfekten Spiel“ (Heynckes) gegen Basel sind die Bayern wieder das strahlende Aushängeschild des deutschen Fußballs. Zum elften Mal stehen sie im Viertelfinale, nur Manchester United gelang es einmal mehr. „Wir sind verprügelt worden“, stöhnte Basels Kapitän Marco Streller. Heynckes hat Krisenlösungen gefunden, etwa mit den neuen Flügelpärchen Robben/Lahm und Ribéry/Alaba. Jetzt muss der Coach in einer „homogenen Mannschaft“ plötzlich für den eigentlich unverzichtbaren Bastian Schweinsteiger einen Platz frei räumen.
Die turbulente Bayern-Saison wird hochinteressant bleiben. Denn „noch ist nix gut“, wie Hoeneß posaunte, „am 5. Mai ist vielleicht alles gut.“ Nach dem letzten Bundesliga-Spieltag will er nicht wieder Erzrivale Dortmund zum Meistertitel gratulieren müssen. „Durchatmen“ könne man, mehr nicht, mahnte Gomez: „Wir haben nur noch K.o.-Spiele; im Pokal-Halbfinale, im Champions-League-Viertelfinale. Und in der Bundesliga müssen wir alle Spiele gewinnen, wenn wir noch Meister werden wollen.“