Dänen vor Deutschland-Spiel am Boden

Kolberg (dpa) - Wenigstens die Fans in ihrem EM-Quartier glauben weiter an die dänische Mannschaft. Als der nächste deutsche Gegner am Tag nach dem bitteren 2:3 gegen Portugal ein lockeres Training absolvierte, rollten einige Schüler auf der Tribüne des kleinen Stadions von Kolberg ein Plakat aus.

„Finale am 1. Juli: Polen gegen Dänemark“, stand darauf. Dumm nur, dass die Dänen selbst durch diese Niederlage einiges von ihrer Zuversicht und Lockerheit verloren haben. Und dass es bei dieser EM sicher schönere Aussichten gibt, als die letzte Chance aufs Weiterkommen nun am Sonntag in Lwiw ausgerechnet gegen den Turnierfavoriten Deutschland suchen zu müssen.

„Sport im Allgemeinen und der Fußball im Besonderen ist eine brutale Welt“, sagte Trainer Morten Olsen. „Gegen Holland waren wir die Glücklichen, gegen Portugal waren wir die Unglücklichen.“

Der 62-Jährige hat nun drei Tage Zeit, um eine Mannschaft wieder aufzubauen, für die jede Form der Enttäuschung oder des Rückschlags etwas völlig Neues ist bei diesem Turnier. Bislang lebten die Dänen davon, als krasser Außenseiter in dieser Gruppe praktisch frei von Druck aufspielen zu können. Dass sie aber gegen Portugal zunächst einen 0:2-Rückstand aufholten und dann durch ein Gegentor kurz vor Schluss doch noch verloren, müssen auch sie erst einmal verdauen.

„Das ist sehr ärgerlich“, sagte William Kvist vom VfB Stuttgart. „Was glauben Sie, wie die Stimmung bei uns in der Kabine war?“ Olsen griff sich noch auf dem Trainingsplatz in Kolberg Schlüsselspieler wie Kvist oder Daniel Agger, um ihnen klarzumachen, was vor allem im Abwehrverhalten besser werden muss gegen Deutschland.

Ein zweites Problem bei den Dänen ist nur, dass ausgerechnet in der entscheidenden Phase der Vorrunde nur noch wenige solcher erfahrenen Profis zur Verfügung stehen. Dennis Rommedahl zog sich gegen Portugal in seinem 118. Länderspiel einen Muskelfaserriss zu. Der 33-Jährige wird gegen Deutschland fehlen und ist obendrein schon der zweite Spieler nach Torwart Thomas Sörensen mit mehr als 100 Einsätzen für sein Land, der vor oder während der EM ausfällt.

Auch bei Niki Zimling sieht es nicht gut aus. Der Partner von Kvist im defensiven Mittelfeld hat mittlerweile Schmerzen am Zeh, in der Wade und im Oberschenkel. Im Spiel gegen Portugal musste er genauso ausgewechselt werden wie Rommedahl. „Bei Zimling kann ich aber immerhin noch hoffen“, sagte Olsen.

Was die Aussichten auf das Viertelfinale angeht, gilt genau das gleiche. Und so halten sich die Dänen vor dem Spiel gegen Deutschland vor allem an einer Erkenntnis fest: „Wir stehen nach zwei Spielen mit drei Punkten da. Genau darauf hatten wir vor der EM gehofft“, meinte ihr Trainer. „Wir wussten schon vorher, dass sich gegen Deutschland alles entscheiden wird. Eine Chance gibt es immer.“

Sollte Portugal auch noch gegen die Niederlande gewinnen, würde den Dänen am Sonntag aber nicht einmal ein Unentschieden reichen. Alles ist noch möglich für alle Teams - das macht diese Gruppe so spannend. „Vielleicht nehme ich mein iPhone mit aufs Spielfeld“, sagte Kvist, nachdem er als erster dänischer Spieler seinen Humor wiedergefunden hatte. Warum auch nicht, meinte er. „Denn so hart das späte Gegentor gegen Portugal auch war: Wir haben bewiesen, dass wir gegen alle in dieser Gruppe gut spielen und auch punkten können.“