Deutsche EM-Fans genießen Lwiw
Lwiw (dpa) - Selbst für die reiselustigen Fans der deutschen Fußball-Nationalmannschaft ist das EM-Abenteuer in der Ukraine etwas völlig Neues. Die Stimmung in der weltberühmten Altstadt von Lwiw belohnte vor dem Auftaktspiel gegen Portugal alle für die lange Anreise.
Deutsche Anhänger säumten bei 25 Grad Wärme die Gartenlokale der 730 000-Einwohner-Stadt in der Westukraine, genossen das Sommerwetter und die Blicke auf die vorbeifahrenden Kutschen und die Blumenmädchen in den Gassen. Bastian Schweinsteiger hatte in einem offenen Brief an die Fans um Unterstützung gebeten.
Siggi Kasteleiner aus dem hessischen Limburg hat die 1400 Kilometer bis ins frühere Lemberg mit dem Wohnmobil bewältigt. Auch er hatte trotzdem Probleme mit der Unterkunft. „Es gibt kaum Campingplätze in der Ukraine“, erklärt Kasteleiner und hat sein Quartier deswegen in Chowka, 30 Kilometer entfernt von Lwiw, gefunden. Er rühmt die Gastfreundschaft der Gastgeber: „Wir wurden sogar zum Abendessen eingeladen.“
Ebenso ungewöhnlich wie schön ist in Lwiw im Vergleich zu sonstigen Großereignissen die Mischung zwischen Fußball-Touristen und Einheimischen. Ältere Herren spielen auf den Parkbänken Karten, auf dem Rynok-Platz musiziert eine Blaskapelle, und eine Mädchen-Tanzgruppe tritt auf. 200 Meter weiter bahnt sich aus der Dominikaner-Kirche ein Hochzeitspaar nach dem anderen seinen Weg mitten durch die Fans.
Etwa 2000 von ihnen halten sich auf der offiziellen, aber nicht allzu vollen Fanmeile auf. Dort ist ein riesiger Großbildschirm aufgestellt, in einem blauen Container steht die offizielle Fan-Botschaft. Die Mitarbeiter haben zwar reichlich Arbeit, allerdings nur mit touristischen Auskünften.
Auch portugiesische Fans haben den noch viel längeren Weg auf sich genommen. Einige von ihnen liefern sich mit deutschen Anhängern vor dem Hotel Leopolis, wo die UEFA-Funktionäre logieren, einen friedlichen Gesangswettstreit. Wie viele deutsche Fans angesichts der hohen Kosten nach Lwiw gepilgert sind, wusste vor dem Anpfiff auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nicht genau zu beziffern. 5000 bis 6000 haben Karten über die offizielle DFB-Hotline erworben, weitere 4000 könnten laut DFB Tickets über andere Quellen bekommen haben. Dabei waren auch sogenannte 29 Escort-Kinder aus Deutschland zum Begleiten der Profis vor dem Spiel. Zu den glücklichen Gewinnern der Reise bei einem Preisausschreiben gehörte auch der achtjährige Fabian Treude aus der F-Jugend des VfB Cottbus.
„Jetzt geht es endlich los!“, betonte Schweinsteiger. „Wir freuen uns riesig auf die EURO 2012 und hoffen auf ein erfolgreiches Turnier für uns alle. Mit Eurer Unterstützung wollen wir den Traum vom EM-Titel wahr werden lassen. Lasst uns zusammen jubeln! Drückt uns die Daumen!“, schrieb der Mittelfeldspieler des FC Bayern in der „Abendzeitung“ in München.
Man wolle nicht mehr an die „bitteren Momente des Champions-League-Finales gegen den FC Chelsea“ denken. „Schluss damit! Jetzt ist die EM, jetzt geht es um einen neuen Titel.“ Allerdings wäre es „völlig falsch“, nun schon ans Finale zu denken, denn Portugal sei ein „harter Brocken“ gleich im Auftaktspiel. „Bei allen Unwägbarkeiten ist es unser Ziel, am 1. Juli in Kiew den Pokalgewinn bejubeln zu können.“
Englands Verteidiger Rio Ferdinand fieberte der Partie gegen Portugal ebenfalls entgegen, wie er via Twitter bekannte: „Ich kann's kaum erwarten. Cristiano, dreh auf. Ich möchte, dass Özil einige austanzt!“ schrieb Ferdinand.