„Harte Schlacht“: Ronaldo fordert Real-Kumpels heraus
Donezk (dpa) - Selbst der große Cristiano Ronaldo hat großen Respekt. „Das wird eine harte Schlacht“, sagte Portugals Superstar vor dem ersten EM-Halbfinale am Mittwochabend in Donezk gegen den Nachbarn und Rivalen Spanien.
Neben allem Prestige kommt für den 27-Jährigen selbst noch hinzu, dass der Weg zum ersehnten ersten Titel mit Portugals Nationalelf ausgerechnet über seine Kumpels von Real Madrid führt. Ronaldo gegen Sergio Ramos oder Ronaldo gegen Xabi Alonso - das gibt es sonst nur in den Trainingsspielchen beim spanischen Rekordmeister.
„Es wird sehr schwer für uns, weil Spanien eine großartige Mannschaft hat“, sagte Ronaldo vor diesem Halbfinale. „Aber gerade weil es gegen Spanien geht, haben wir auch keinen Druck.“
Auf sein Team mag das vielleicht zutreffen, auf ihn selbst natürlich nicht. Portugal gegen Spanien ist der vorläufige Höhepunkt des Ronaldo-Hypes bei dieser EM. Da spielt der amtierende Welt- und Europameister mit seinen Strategen Xavi und Andrés Iniesta um den Einzug in sein drittes großes Finale in Serie, und trotzdem dreht sich wieder fast alles um „CR7“. „Cristiano ist einzigartig. Wir werden ihm besondere Aufmerksamkeit widmen“, sagte auch Spaniens Coach Vicente del Bosque. Nach 60 Pflichtspiel-Toren in dieser Saison für Real muss er keinem seiner Spieler mehr etwas über Ronaldos Qualitäten erzählen.
Rechtzeitig zu diesem Halbfinale ist der Superstar auch genau dort angekommen, wo er seiner Meinung nach hingehört bei dieser EM: An der Spitze der Torjägerliste (3 Treffer) und auf Platz eins jener Wertung, die die Spieler mit den meisten Torschüssen erfasst (29).
Die Statistik zu diesem Turnier sagt viel darüber aus, wie sich Spanien und Portugal in ihren Ausrichtungen unterscheiden. Der Titelverteidiger lebt von einem starken Kollektiv, in dem es fast schon egal ist, ob ein David Silva, Santi Cazorla oder Juan Mata im Mittelfeld spielt. Alle sind eingebunden in die scheinbar nie enden wollenden Kombinationsketten dieses Teams. Und so hat auch niemand sonst bei dieser EM mehr Pässe gespielt als die Spanier (2616).
Der Wert der Portugiesen liegt nur bei 1164. Sie setzen ganz auf die Qualitäten ihrer Einzelkönner - was in diesem Fall vor allem aber nicht nur Ronaldo bedeutet. So kommt bei der EM nicht nur der Spieler mit den meisten Torschüssen aus Portugal, sondern auch der beste Flankengeber (Nani) oder der beste Zweikämpfer (Pepe).
„Wir haben unsere eigene Identität und unsere eigene Strategie“, sagte Trainer Paulo Bento am Dienstagabend. „Unser Ziel ist es, nicht die ganze Zeit zu verteidigen. Das werden wir auch gegen den Welt- und Europameister nicht tun.“ Mittelfeldmann Custodio drückt das ähnlich selbstbewusst aus. „Unsere Waffen sind kein Geheimnis“, meinte der Spieler von Sporting Braga. „Wir benutzten sie in jedem Spiel und werden sie auch gegen Spanien einsetzen.“
„Gerade gegen Spanien“ wäre vielleicht die treffendere Formulierung gewesen. Denn gegen den großen und gern als überheblich bezeichneten Nachbarn gewinnen die Portugiesen ungefähr genauso gern wie ein Niederländer gegen Deutschland.
Vor zwei Jahren verloren Ronaldo und Co. bei der WM in Südafrika im Achtelfinale mit 0:1 gegen Spanien. Doch angesichts eines legendären Testspiels nur fünf Monate später sehen die Portugiesen darüber mittlerweile entspannt hinweg. Im November 2010 brachten sie dem Weltmeister mit 4:0 die höchste Länderspiel-Niederlage seit 1963 bei.
Auch dass Verteidiger wie Ramos oder Alvaro Arbeloa (ebenfalls Real Madrid) ihren Superstar besonders gut kennen, macht den Portugiesen überhaupt keine Sorgen. „Die ganze Welt kennt Ronaldo, nicht nur die Real-Spieler“, meinte Custodio. „Alle wissen, wie er spielt. Das Problem ist nur, wie man ihn stoppt.“