Lewandowskis Polen fehlt Präzision

Paris (dpa) - Robert Lewandowski hastete durch die Katakomben des Stade de France. Nach dem Punkt gegen den deutschen Weltmeister im zweiten EM-Gruppenspiel eilte Polens Stürmerstar zusammen mit seiner Mannschaft zum Flieger zurück ins Stammquartier nach La Baule an der Atlantikküste.

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Stolz waren Lewandowski und Co. auf ihre ausgeklügelte Defensivtaktik, die Joachim Löws DFB-Team kaum Raum gewährte hatte. Mit der Chancenverwertung haderten die Polen jedoch. „In der ersten Halbzeit haben wir mit zu viel Respekt gespielt, in der zweiten Halbzeit haben wir viel besser gespielt, mehr nach vorne. Mit dem Punkt sind wir zufrieden. Es ist aber schade, dass wir kein Tor erzielt haben“, meinte Lewandowski nach dem 0:0 in Paris.

Sein Sturmpartner Arkadiusz Milik hätte zu Polens Held dieses Abends werden können. Der 22-Jährige von Ajax Amsterdam, der Deutschland schon beim bislang einzigen polnischen Sieg im Oktober 2014 mit seinem Führungstor geärgert hatte, vergab aber zweimal. Wenige Sekunden nach Wiederanpfiff scheiterte er bei einem Kopfballversuch, in der 69. Minute traf er den Ball ebenfalls nicht richtig. Da raufte sich Verbandsboss Zbigniew Boniek auf der Tribüne entnervt die Haare.

„Ein bisschen Präzision, Zentimeter haben da gefehlt“, erkannte der Dortmunder Łukasz Piszczek. „Es ist natürlich ärgerlich, dass ich nicht getroffen habe“, räumte Milik ein. „Während des Spiels versuche ich mich mit vergebenen Chancen aber nicht lange aufzuhalten und konzentriere mich auf die nächsten.“ Ins Grübeln kam er dennoch. „Heute werde ich wahrscheinlich eine lange Nacht haben.“ Zeit dafür hatte er. Denn am Freitag wurden nur die Reservisten zu einer Einheit ins Stade Municipal Moreau Defarges von La Baule gebeten.

Die Polen müssen sich jedoch auch nicht zu viel ihren Kopf zerbrechen. Schließlich eröffnet die Ausgangslage mit vier Punkten vor dem abschließenden Gruppenspiel am Dienstag in Marseille gegen die Ukraine beste Aussichten auf das erstmalige Erreichen der K.o.-Runde. „Das Optimum wären sechs Punkte gewesen, wir sind aber mit dem Unentschieden zufrieden und schauen jetzt weiter“, versicherte Piszczek. „Die Ukraine wird nicht leicht, wir müssen mit voller Konzentration weiterspielen.“

Nationaltrainer Adam Nawalka war stolz auf den Olympiasieger von 1972. „Wir konzentrieren uns auf unsere Stärken, wir haben große Qualität, versuchen unser Pressing umzusetzen. Ich glaube, es sieht in jedem Spiel immer besser aus“, analysierte der 58-Jährige, der den Verdruss seiner Spieler über die ausgelassenen Chancen positiv bewertete. „Ich bin froh darüber, dass die Spieler mit dem Ergebnis nicht zufrieden sind. Sie haben viel Herz in dieses Spiel gelegt.“

Sein Kapitän rackerte alleine ganz vorn unermüdlich. Lewandowski wirkte gegen seine Bundesligakollegen auch dynamischer als noch beim 1:0 gegen die Nordiren. „Die ganze Mühe hat sich mit diesem wichtigen Punkt ausgezahlt“, resümierte der 27-Jährige. „Solche Partien wie heute kosten aber eine Menge Kraft.“ Kein Wunder. Der polnische Dauerläufer attackierte die starke Deckung um Jérôme Boateng und Mats Hummels unentwegt, war stets anspielbar.

„Obwohl er heute kein Tor erzielt hat, hat er viel Einsatz für die Mannschaft gezeigt, hat die Aufmerksamkeit der Verteidiger auf sich gezogen. So konnten wir Chancen herausspielen“, lobte Nawalka den Starstürmer. „Er denkt immer zuerst an die Mannschaft. Er zeigt, dass er in hervorragender Form ist.“