Brisanz „auf Schalke“ - Aus wäre „Katastrophe“

Helsinki (dpa) - Der Manager war sauer, die Spieler wirkten perplex und verstört. Mit dieser Pleite hatten sie beim FC Schalke 04 nicht gerechnet. In Windeseile verschwanden die Profis nach dem deprimierenden 0:2 (0:1) bei HJK Helsinki im Playoff-Hinspiel der Europa League im Mannschaftsbus.

Sportchef Horst Heldt redete derweil nicht um den heißen Brei herum: Das zu befürchtende Aus für die Gruppenphase wäre für den hoch verschuldeten Verein „eine Katastrophe“.

Alle hätten vom relativ lockeren Weiterkommen geredet: „Aber dafür muss man auch mal den Kopf einschalten“, hielt Heldt nach dem Debakel vor den 10 766 Zuschauern im ausverkauften Sonera-Stadion den Seinen vor. Kapitän Benedikt Höwedes pflichtete zerknirscht bei: „Wir haben uns bei den gegnerischen Angriffen blöd angestellt.“ Auch Trainer Ralf Rangnick war restlos bedient nach den wunderbaren Treffern durch Finnlands überragenden Nationalspieler Teemu Pukki in der 18. und 54. Minute: „Wir haben uns teilweise katastrophal verhalten im Spiel gegen den Ball und beim Umschalten.“

Im Hexenkessel der kleinen Arena, in der die als unterkühlt geltenden HJK-Anhänger ihr Team „förmlich mitrissen“, so Chefcoach Antti Muurinen, ließen sich die Gelsenkirchener den Schneid abkaufen. Aggressivität und Zweikampfstärke: Fehlanzeige. Heldt reagierte verärgert: „Vielleicht hat der eine oder andere gedacht, mein Mitspieler wird das schon regeln.“

Das taten sie nicht - und vielleicht war auch der Verzicht auf den international so erfahrenen Europacup-Torrekordmann Raúl ein Fehler. „Auch für ihn wäre es nicht einfach gewesen“, meinte Rangnick angesichts des finnischen Bollwerks und der eigenen Schwachpunkte. „Hinten waren wir viel zu offen“ - Höwedes übte Selbstkritik, sprach von einer „bitteren“ Niederlage, blieb aber vor der entscheidenden zweiten Begegnung am 25. August optimistisch: „Wir haben noch ein Rückspiel und hoffen, die Situation zu unseren Gunsten drehen zu können.“

Doch wie man es auch dreht und wendet: Schalke ist vier Monate nach der mit Glanz und Gloria erworbenen Mitgliedschaft im Königsklassen-Halbfinalclub der „großen Vier“ in die Problemzone geraten. Die Zukunft von Stürmerstar und Fan-Ikone Raúl, der nach seiner Absage an die Blackburn Rovers nun mit Paris St. Germain in Verbindung gebracht wird, ist offen. Heldt lag bis Donnerstag keine weitere Offerte für den 34-Jährigen vor.

Offiziell sollte der spanische Stürmerstar auf dem Kunstrasen des HJK-Stadions vor Verletzungen und für den Bundesligaauftritt beim FSV Mainz geschont werden; inoffiziell könnte ein möglicher Verkauf Raúls zum Verzicht geführt haben: Bestreitet Raúl für Schalke aktuell keinen Europapokal-Einsatz mehr, wäre er bei einem Wechsel bis 31. August international für andere Vereine weiter spielberechtigt.

Heldt will „zeitnah das persönliche Gespräch mit Raúl suchen, um zu erfahren, was der Spieler will“. Aufsichtsratschef Clemens Tönnies hält einen Wechsel derzeit allerdings für undenkbar. Unabhängig von dieser Personalie flehte Heldt das Weiterkommen auf Europas Fußballbühne regelrecht herbei. Dafür aber müsse man „mehr als eine Schippe drauflegen. Wir wollen nach wie vor in die Gruppenphase“.