Fokussiert, gradlinig und unabhängig: Titelträger Löw

Frankfurt/Main (dpa) - Cool mit Sonnenbrille und dem Pokal in der Hand - in dieser Siegespose will Fußball-Deutschland Joachim Löw auch nach der EM 2016 auf der Fanmeile jubeln sehen.

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Vor einer Woche umging der Bundestrainer bei der Berliner Mega-Party noch das klare Bekenntnis zu seiner Zukunft, jetzt legte sich der 54-Jährige öffentlich fest: Auf dem Höhepunkt der großen Trainerkarriere ist keineswegs Schluss, wie der einstige spanische Erfolgscoach Vicente del Bosque will Löw nach dem WM-Triumph noch Europameister werden. „Ich bin so motiviert wie am ersten Tag beim DFB“, versicherte Löw. An einen Rücktritt habe er „keine Sekunde gedacht“, beteuerte der Bundestrainer.

Mit dem WM-Titel hat sich Löw in der Fußball-Historie verewigt. Wie Sepp Herberger, Franz Beckenbauer und Helmut Schön, der als einziger Deutscher mit dem Nationalteam beide großen Titel bejubelte, ist der 54-Jährige ein Weltmeistertrainer. Es wäre wohl alles ganz anders gekommen, wenn sich der Weg des im Schwarzwald geborenen Löw im Jahr 2000 nicht mit dem von Jürgen Klinsmann gekreuzt hätte.

Ein DFB-Trainerlehrgang an der Sportschule Hennef führte Weltmeister Klinsmann mit dem Zweit- und Erstligakicker Löw zusammen. Als Klinsmann 2004 das marode deutsche Nationalteam als Chef übernahm, holte er Löw in seinen engsten Stab. „Mit ihm hat die Arbeit begonnen“, erinnerte Löw selbst noch im Moment des Erfolges an die gemeinsamen Anfänge.

Zusammen krempelten sie die wichtigste deutsche Fußballmannschaft und gleich auch noch das komplette Umfeld um, inszenierten das legendäre WM-Sommermärchen 2006 mit. Als Klinsmann danach Schluss machte, schob er seinen Assistenten und Freund Löw in die erste Reihe. In acht Jahren hat Chef Löw nicht nur Klinsmanns Erbe fortgesetzt. Löw hat dem Spiel der DFB-Elf einen neuen, modernen, zeitweise sogar spektakulären Anstrich gegeben, ist der deutsche Bundestrainer mit dem besten Punkteschnitt.

Zweiter bei der EM 2008, Dritter bei der WM 2010, Dritter auch bei der EURO vor zwei Jahren in Polen und der Ukraine - die Krönung folgte in Brasilien. Und das in einem Job, der für Löw sowieso schon seit langem „einer der besten der Welt“ ist.

Als erster Trainer überhaupt eroberte Löw mit einem europäischen Team den Weltmeisterschaftstitel in Südamerika. „Das ist eine Sache für die Ewigkeit. Es waren zehn Jahre harte Arbeit. Wir sind in dieser Zeit immer besser geworden. Das war einfach fällig“, erklärte Löw nach dem Triumph im Estádio do Maracanã von Rio de Janeiro. „Dieses tiefe Glücksgefühl wird für alle Ewigkeit bleiben.“

Seine vierte Titelmission hatte Löw noch fokussierter und geradliniger verfolgt. Sein WM-Konzept, durchaus mit einigen Risiken behaftet, ging in den Wochen von Brasilien voll auf. „Joachim Löw hat gelernt, er hat sich schon entwickelt“, beschrieb Per Mertesacker die Entwicklung. Der Abwehrmann war von Beginn an dabei in der Amtszeit von Klinsmann und Löw. „Als Co-Trainer hat er schon viel taktisch gearbeitet. Er ist ein sehr motivierender, aufbauender Trainer. Bis zur Ansprache macht er jetzt alles komplett“, erklärte der 104-malige Nationalspieler. „Für mich ist er ein fantastischer Trainer“, betonte auch WM-Rekordtorschütze Miroslav Klose, der zehn Jahre mit Löw gearbeitet hat.

Der Freiburger hat sich beim DFB und im Nationalteam immer ein großes Stück Unabhängigkeit in allen Entscheidungen erhalten - das ist mit dem Gewinn des vierten WM-Titels in der deutschen Fußball-Historie noch gewachsen. Er könne sich im Moment nichts Schöneres vorstellen, als mit dieser Mannschaft weiterzuarbeiten, das Team und die Spieler zu entwickeln, schwärmte Löw. Schon im „Siegerflieger“ zurück nach Deutschland sprach die sportliche Führung vor einer Woche locker über kommende Aufgaben. Jetzt geht es konkret weiter, wie bei der Suche nach einem neuen Assistenztrainer.