Aufsichtsratchef Kronenberg: „Kein anonymes Unternehmen“

Marcel Kronenberg, langjähriger Fan und neuer Aufsichtsratschef der Fortuna, über das Gremium, die neue Streitkultur und die nächsten Aufgaben.

Foto: Christof Wolff

Als Marcel Kronenberg in den Aufsichtsrat von Fortuna Düsseldorf gewählt wurde, regierte der damalige Oberbürgermeister Joachim Erwin als Vorsitzender das Gremium und den Verein mit harter Sanierer-Hand. Der heute 44-Jährige galt damals schon als Vertreter von Fan-Interessen, wirkte als Pullover-Liebhaber stets konträr zu den Anzugträgern. Jetzt ist Kronenberg als Dienstältester selbst zum Aufsichtsratsvorsitzenden gewählt worden. Im WZ-Interview spricht er über seine neue Rolle, wie er die künftigen Herausforderungen angehen möchte und dass er die neue Streitkultur mehr schätzt als die alte.

Herr Kronenberg, sprechen wir jetzt mit dem neuen „starken Mann“ der Fortuna?

Marcel Kronenberg: Nein, bitte nicht. Unser starker Mann ist der erste Vorsitzende, also Dirk Kall. Ich verstehe mich als Bindeglied zwischen Aufsichtsrat und Vorstand. Natürlich legen wir als Gremium die langfristigen Strategien fest. Aber das operative Geschäft erledigt der Vorstand.

Sie stehen so aber jetzt in einer Linie mit Joachim Erwin, mit dem Sie damals sicher nicht immer einer Meinung waren.

Kronenberg: Ich finde das sehr schön. In dieser Entwicklung zu stehen, ist ein guter Weg für einen Fußballverein. Auch beim FC St. Pauli stehen den Fans nahe Personen an den Spitzen der Gremien. Vor rund 15 Jahren hatte ich mitgeholfen, die neue Satzung auf den Weg zu bringen. Jetzt möchte ich darauf achten, dass wir kein anonymes Wirtschaftsunternehmen werden wie so viele andere Clubs. Wir sind immer noch die Fortuna, die vor kurzem noch in der dritten und vierten Liga gespielt hat.

Waren Sie nach fast zehn Jahren die ehrenamtliche Aufsichtsratstätigkeit nicht leid?

Kronenberg: Nein, und eine Menge Leute haben mich gebeten, wieder zu kandidieren. Es bedeutet mir viel, die Entwicklung, die wir Anfang des Jahrtausends eingeleitet haben, weiter zu begleiten. Ich freue mich aber auch, dass in Björn Borgerding nun jemand in den Aufsichtsrat gekommen ist, der heute so jung ist wie ich seinerzeit.

Alles wirkt sehr ruhig im Verein, sehnen Sie sich manchmal nach der alten Streitkultur vor einigen Jahren zurück?

Kronenberg: Ganz sicher nicht, das war früher diesem Gremium nicht angemessen. Wir streiten uns jetzt auch, es müssen nicht immer alle einer Meinung sein. Aber das bleibt unter uns, und manchmal muss man akzeptieren, dass die eigene Meinung nicht mehrheitsfähig ist.

Aktuell sind die sportlichen Darbietungen der ersten Mannschaft sehr dürftig. Wie sehr nimmt Sie das als Fan aktuell mit?

Kronenberg: Im Moment ist das für mich die obligatorische Auszeit, die sich jedes Team einmal in der Saison nehmen wird. Lieber jetzt als später in der Saison. Ich glaube fest daran, dass Oliver Reck und sein Team die Mannschaft aus dem Tief herausbekommen. Da steckt zum großen Teil Psychologie mit drin.

Welche Herausforderungen muss der Aufsichtsrat in den kommenden Jahren denn außerhalb des Sports stemmen?

Kronenberg: Unsere Infrastruktur müssen wir weiter von Drittliga-Bedingungen befreien. Wir brauchen ein neues Nachwuchsleistungszentrum und müssen die zweigeteilte Geschäftsstelle in der Arena und am Flinger Broich an einem Ort vereinen, und die Trainingsbedingungen der ersten Mannschaft müssen weiter verbessert werden. Auch die Arena muss endlich mehr „Fortuna“ werden. Im Moment ist das noch ein grauer Kasten, dem man von Innen und Außen schwer ansehen kann, wer da der Hauptmieter ist.

Gehört da auch eine Änderung der Vereinsstruktur oder Auslagerung der ersten Mannschaft zu?

Kronenberg: Mit mir wird es dazu jedenfalls nicht kommen, und es hat auch keiner vor, den Spielbetrieb auszu-gliedern. Das mag für einen langjährig etablierten Bundesligisten interessant sein, um Geld für Infrastruktur zu bekommen. Ich glaube aber, dass der deutsche Fußball genau wegen der Vereinsstrukturen heute so gut dasteht.