Berliner Drama: Hertha am Boden, Rehhagel vor Urlaub

Berlin (dpa) - Änis Ben-Hatira hatte Mumm. Als erster Herthaner schlich der Mittelfeldspieler nach der voraussichtlich folgenreichen 1:2-Schlappe gegen Fortuna Düsseldorf in die Fankurve des Berliner Olympiastadions.

Doch was ihn dort erwartete, waren weder Pfiffe noch Beschimpfungen - es schlug ihm eisiges Schweigen entgegen. Während auf der anderen Seite der weiten Arena einige tausend Düsseldorfer fröhlich den Auswärtssieg im Relegations-Hinspiel bejubelten, hatten die Berliner ihren Profis nichts mehr zu sagen. Zur Chance auf den Klassenverbleib in der Fußball-Bundesliga befragt, fielen selbst Hertha-Trainer Otto Rehhagel nur Durchhaltefloskeln ein - und ein Kommentar irgendwo zwischen Resignation und Gleichgültigkeit.

„Nächste Woche Dienstag nach dem Spiel ist es für mich zu Ende, und dann fahr' ich in den Urlaub“, antwortete der Altmeister auf die Frage, was ein Hertha-Abstieg für ihn persönlich bedeuten würde. Noch deutlicher lässt sich mangelnde Identifikation mit einem Verein in größter Not vermutlich nicht ausdrücken. Manager Michael Preetz entglitten vier Meter neben dem Podium für Sekunden die Gesichtszüge.

Eigentlich blieb Rehhagel, der als dritter Cheftrainer innerhalb einer Saison an der Spree arbeitet, nur konsequent. Schon bei seiner ersten Pressekonferenz hatte der frühere Meistercoach mit der Behauptung überrascht, in Berlin habe er „nichts zu verlieren“.

Rehhagel wird den Hertha-Trainerstuhl nach dem Rückspiel in Düsseldorf räumen und die Mannschaft nach aktuellem Stand in die Zweitklassigkeit entlassen. Durch die Heimpleite sind Herthas Chancen auf ein Minimum gesunken. „Das wird schwer“, sagte Lewan Kobiaschwili, der sich nach der bitteren Pleite als einziger Hertha-Spieler den wartenden Journalisten stellte. Ans Aufgeben dachte der Kapitän aber noch nicht. „Wir sind am Boden, aber es steht noch ein Spiel aus, und das gibt uns Hoffnung.“

Seit Wochen und Monaten fehlt Hertha die geistige Reife für die Bundesliga - daran konnten auch die Verpflichtung des einstigen Motivators Rehhagel und hermetisch abgeschottete Trainingseinheiten nichts ändern. „Wir werden Gespräche führen“, kündigte der Coach nun wieder an. „Wir müssen einfach die Enttäuschung überwinden.“

Das Spiel gegen die Düsseldorfer war das Spiegelbild einer ganzen Saison. Hertha begann gut, nach Roman Hubniks Führungstreffer (19. Minute) schien alles im Lot. Dann aber folgten zwei Gegentore, die symptomatischer nicht hätten fallen können. Bei Thomas Brökers 1:1 (64.) standen Berlins Verteidiger im eigenen Strafraum brav Spalier, Gegenwehr Fehlanzeige. Das Düsseldorfer Siegtor besorgte Herthas Adrian Ramos (71.) gleich selbst.

„Seitdem ich hier bin, machen wir jedes dritte Spiel ein Selbsttor“, klagte Rehhagel. Als schon alles gesagt schien, ergriff der 73-Jährige im Pressesaal des Olympiastadions ungefragt noch einmal das Wort. „Es wäre schön, wenn wir in der Bundesliga blieben“, sagte Rehhagel, „denn die Berliner Zuschauer haben das wirklich verdient.“ Sorgen können dafür allein die Spieler.