In Ulm ging alles los Diesen zwei Personen hat Ex-Fortuna-Profi Rösler seine Karriere zu verdanken
Düsseldorf/Ulm · Zwei Mal ist Sascha Rösler mit dem SSV Ulm aufgestiegen und hat mit den Schwaben sogar in der Bundesliga gespielt. Am Sonntag kehrt der 46-Jährige an den Ort zurück, an dem seine Laufbahn begonnen hat.
Als Sascha Rösler beginnt, seinen Traum vom Profifußball zu verwirklichen, dreht sich die Welt noch ein bisschen langsamer. Anfang der 90er Jahre steckt das Internet gerade in den Kinderschuhen, niemand ahnt, dass Smartphones später einmal ständiger Begleiter des Menschen werden würden und Berater im Jugendfußball sind – wenn überhaupt – eine Ausnahme. Deshalb nimmt die Mutter des gebürtigen Tettnangers die Angelegenheit eines Tages selbst in die Hand.
„Ich bin am Bodensee aufgewachsen und irgendwann zum VfB Friedrichshafen gewechselt. Wenn man als kleiner Fußballer dann den nächsten Schritt machen wollte, musste man fast 100 Kilometer fahren. Stuttgart, München – das war schon etwas weiter weg“, erzählt Rösler heute und erinnert sich lebhaft: „Meine Mutter kam dann auf die glorreiche Idee, dem SSV Ulm einen Brief zu schreiben und darin zu fragen, ob ich mal zum Probetraining kommen darf. Handys oder andere Möglichkeiten gab es damals ja noch nicht.“
Glücklicherweise allerdings schon ein Festnetztelefon mit Anrufbeantworter, denn just, als sich der Jugendleiter der Schwaben zurückmeldet, ist niemand zu Hause. „Wir waren damals natürlich gerade im Urlaub“, erzählt Rösler amüsiert. Die frohe Kunde erreicht den Steppken und seine Mutter deshalb mit mehrtägiger Verspätung, doch das ist egal: „Ich wurde wirklich zum Probetraining eingeladen.“ Aber nicht nur das: Der Offensivspieler nutzt seine Chance, wechselt tatsächlich nach Ulm und kommt dem Ziel, das er wenige Jahre später erreicht, einen gehörigen Schritt näher. Zwei Jahre lang pendelt Rösler, der als Ex-Fortuna-Profi und heutiger Leiter der Lizenzabteilung des Zweitligisten am Sonntag (13.30 Uhr, Donaustadion) zum zweiten Mal nach 2018 mit den Düsseldorfern an seine alte Wirkungsstätte zurückkehrt, mit dem Zug anderthalb Stunden pro Strecke vom Bodensee nach Ulm. „Als A-Jugendlicher habe ich dann ein Zimmer vor Ort bekommen“, sagt der heute 46-Jährige. „Und zwar habe ich direkt neben dem Stadion gewohnt, neben der Geschäftsstelle – praktisch im Donaubad.“
58 Partien absolvierte Rösler unter Trainer Ralf Rangnick
In einem ziemlich kleinen Zimmer, so klein, dass es die – neben seiner Mutter – zweite Person, der Rösler seine Profi-Karriere zu verdanken hat, kaum fassen kann: Ralf Rangnick, inzwischen österreichischer Nationaltrainer und damaliger Coach des SSV Ulm. „Er hat das Zimmer irgendwann gesehen und gesagt: ,Da musst du raus, das ist zu klein. Du musst dir eine richtige Wohnung suchen’“, berichtet Rösler. „Schlussendlich bin ich dann umgezogen, als ich schon bei den Profis war.“
Insgesamt 58 Partien absolviert der Angreifer innerhalb von drei Spielzeiten unter dem Kommando von Rangnick; gemeinsam gelingt im zweiten Anlauf der Aufstieg in die Zweite Liga – und ein Jahr später schaffen es die Ulmer direkt in die Bundesliga, in den letzten Partien mit Martin Andermatt als Trainer. „In meiner Anfangszeit bei den Profis hatten wir 800 oder 900 Zuschauer, da konnte man jeden einzelnen hören“, berichtet Rösler. „Ich kann mich noch gut an eine Geschichte erinnern, als ich mal nicht so gut funktioniert habe und ein Fan aufs Feld gerufen hat: ,Rösler, du Ackergaul’. Und zwei Jahre später war das Stadion voll.“
Der Absturz der „Spatzen“ lässt jedoch nicht lange auf sich warten, zwischenzeitlich geht es sogar runter bis in die fünftklassige Oberliga. Allerdings nicht für Rösler, der seine lange Reise an anderen Standorten fortsetzt: unter anderem bei 1860 München, in Oberhausen, Mönchengladbach, Aachen und Düsseldorf. Für Fortuna absolviert der Angreifer in zwei Jahren insgesamt 60 Partien, erzielt 22 Tore, bereitet 18 Treffer vor und steigt 2012 erneut in die Bundesliga auf.
Die Ulmer hat er allerdings bis heute nicht aus den Augen verloren, auch wenn er selbst kaum mehr dort gewesen ist. „Es war eine super schöne Zeit, weil sie mein Einstieg in den Profifußball war“, sagt Rösler. „Ich verfolge jeden meiner Ex-Vereine, auch wenn Ulm erst einmal in der Versenkung verschwunden ist und eine Weile gebraucht hat, um aus der Regionalliga herauszukommen. Umso schöner ist es, dass es inzwischen geklappt hat und der Verein gleich in die Zweite Liga durchmarschiert ist.“
Der Saisonstart ist dem Aufsteiger allerdings nicht geglückt, die ersten drei Pflichtspiele hat er allesamt verloren: mit 1:2 gegen Kaiserslautern, mit 0:1 in Regensburg und mit 0:4 im Pokal gegen den FC Bayern. Dennoch muss Fortuna am Sonntag auf der Hut sein. „Auch wenn es die Ulmer nicht geschafft haben, die Euphorie nach dem Aufstieg mitzunehmen und direkt weiter erfolgreich zu sein, werden sie versuchen, mit viel Mentalität ins Spiel gegen uns zu gehen und die ersten Punkte einzufahren“, betont Rösler. In einer Welt, die sich mittlerweile so viel schneller dreht – und in der er seine Profi-Karriere längst beendet hat.