Überraschungs-Aufsteiger in der Zweiten Liga Was man zum neuen Fortuna-Gegner Elversberg alles wissen sollte

Elversberg · Wenn die Zweite Liga in die neue Saison startet, wird Fortuna auf die SV Elversberg treffen. Einen Verein, der recht überraschend den Sprung in die Spielklasse geschafft hat. Eine Erfolgsstory, die auf vielen verschiedenen Säulen fußt.

Zwei Säulen des Elversberger Erfolgs: Torjäger Luca Schnellbacher (l.) und Trainer Horst Steffen.

Foto: dpa/Harald Tittel

Das vielleicht Wichtigste vorneweg: Einen Bahnhof, den werden die Anhänger von Fortuna in der kommenden Saison in der Gemeinde Spiesen-Elversberg vergeblich suchen. Die Ursapharm-Arena, das Stadion der SV Elversberg, liegt zwar eigentlich verkehrsgünstig direkt an einer Autobahn-Abfahrt – öffentliche Parkplätze sucht man in der Nähe allerdings oftmals vergebens.

Und so müssen sich demnächst die Gästefans von Fortuna, dem FC St. Pauli und auch Hertha BSC entweder auf einen längeren Fußmarsch einrichten oder eines der vielen Park-and-Ride-Angebote nutzen. So ist das eben, wenn die infrastrukturellen Gegebenheiten rund um einen aufstrebenden Fußballklub nicht mit der sportlichen Entwicklung mithalten können.

Die SV Elversberg spielt künftig in der Zweiten Liga – mehr Überraschungs-Aufsteiger geht eigentlich nicht. Das 1:1 gegen den SV Wehen Wiesbaden vor 7253 Zuschauern brachte die SVE schon vor dem letzten Spieltag zu 99 Prozent in Liga zwei, das letzte Prozent besorgte ausgerechnet Steffens ehemaliger Verein MSV Duisburg, der dem SVE-Lokalrivalen 1. FC Saarbrücken mit am Ende nur acht Feldspielern ein 2:2 abtrotzte und so dafür sorgte, dass Saarland-Marktführer FCS die SVE nicht mehr überholen konnte.

Schlimmer noch: der Klub aus der Landeshauptstadt, von der Hälfte des Saarlandes geliebt, von der anderen gehasst, hat die Aufstiegsrelegation verpasst – und wird zusehen müssen, wie der Emporkömmling aus der 12.000-Einwohner-Gemeinde Spiesen-Elversberg, von den Anhängern des FCS gerne als „Dorfverein ohne Tradition“ verspottet, für mindestens ein Jahr in einem völlig anderen Konzert unter völlig anderen finanziellen Bedingungen spielen wird.

Ex-Profi Steffen (207 Bundesligaspiele für Bayer Uerdingen, Borussia Mönchengladbach und den MSV Duisburg) gilt gemeinsam mit Sportdirektor Nils-Ole Book als Vater des Erfolges in Elversberg. Ende Oktober 2018 übernahmen beide bei der SVE, entwickelten eine Mannschaft mit viel Sinn für Offensivfußball – scheiterten aber mehrfach am Aufstieg aus der Regionalliga Südwest. Steffen und Book durften trotzdem in Ruhe weiterarbeiten, schafften vergangene Saison endlich den Sprung in die Dritte Liga – und legten als Aufsteiger dann eine rekordverdächtige Hinrunde hin, dass der Aufstieg am Ende trotz ein wenig Nervenflatterns nur eine Frage der Zeit war.

Im DFB-Pokal gewann Elversberg gegen Bayer Leverkusen

Auf dem Platz beeindruckte die SVE mit Angriffswucht – 80 Tore in 38 Spielen hatte sonst keiner in Liga drei vorzuweisen. Wenn die SVE-Maschine gut geölt läuft, ist sie kaum zu stoppen. Bundesligist Bayer Leverkusen kann ein Lied davon singen, als er in der ersten Runde des DFB-Pokals in Elversberg mit 3:4 unterlag – der Anfang vom Ende von Gerardo Seoane als Trainer beim Champions-League-Teilnehmer.

Auffällig ist dabei, wie gut die Truppe von Sportdirektor Book zusammengestellt wurde. Ein Spieler wie Jannik Rochelt, 24, der aus der Regionalliga vom SSV Ulm kam, fügte sich mit elf Toren und 15 Vorlagen genauso sensationell in die Mannschaft ein wie Bundesliga-Leihgabe Nick Woltemade von Werder Bremen. Der 21-jährige 1,98-Meter-Hüne, erst am letzten Tag der Transferperiode Ende August ausgeliehen, brauchte ein paar Spiele Anlaufzeit, wurde dann aber mit neun Toren und neun weiteren Vorlagen zu einem der Aufstiegsgaranten. Die Chancen, ihn eine weitere Saison ausleihen zu können, scheinen nicht schlecht zu stehen.

Der Spaß in Elversberg muss natürlich bezahlt werden – und da führt kein Weg an der Familie Holzer vorbei. Die Erfolge der SVE wären ohne Frank Holzer, früher Bundesligaprofi bei Eintracht Braunschweig, nicht möglich. Holzer, mittlerweile 70 Jahre alt, stieg Anfang der 1990er als Trainer bei der SVE, damals Vorletzter in der Landesliga, ein. Parallel entwickelte der ehemalige Linksaußen mit einigen Weggefährten die Firma seines Vaters „Ursapharm“ zu einem großen Konzern mit über 300 Millionen Euro Umsatz.

Langsam, aber stetig, ging es mit der SVE so nach oben. „Wir wollten einfach mal sehen, wie weit man es mit einen kleinen Verein mit kontinuierlicher und guter Arbeit im Deutschen Fußball bringen kann. Jetzt sind wir in der Zweiten Bundesliga. Das ist einfach sensationell“, sagt Holzer, der mittlerweile Aufsichtsratsvorsitzender des Kubs ist. Das Präsidentenamt hat Holzers Sohn Dominik, 41, inne. „Wir werden mit einem Etat von etwa neun Millionen Euro in die Zweite Liga starten“, sagt Dominik Holzer, „damit sind wir im hinteren Drittel, was die Finanzen angeht. Deshalb werden wir mit einem kleineren Kader als andere zurechtkommen müssen. Das war in dieser Saison auch schon so. Das ist personell schon alles ziemlich auf Kante genäht. Wir wollen etwa 27 Spieler haben, etwa sechs Neue werden kommen.“ Ob die Neuen von Sportdirektor Book verpflichtet werden, könnte allerdings fraglich sein – Gerüchte, dass der 37-Jährige beim FC Schalke 04 als neuer Kaderplaner anheuern könnte, halten sich hartnäckig.

Ob mit oder ohne Book – klar ist: In Elversberg wird investiert werden. In die Ursapharm-Arena sollen in mehreren Schritten 15 bis 20 Millionen Euro fließen. Das Stadion soll bis auf den neu überdachten Fanblock der Heimfans rundherum mit Logen- und Businessbereichen versehen werden. Der Block der Gästefans soll an die Seite der neuen Gegengerade kommen. Damit soll das Fassungsvermögen von 10 000 Zuschauern aktuell auf 15 000 angehoben werden. Genug Platz also auch für viele Fans der Fortuna aus Düsseldorf. Los gingen die Bauarbeiten in der Woche nach dem letzten Saisonspiel beim FC Ingolstadt. Die Kosten will die SVE selbst tragen. Nur einen Bahnhof – den wird es so schnell nicht geben.