Interview: Fortuna-Manager Wolf Werner ist gelassener geworden
Fortunas Manager Wolf Werner feiert am Sonntag seinen 70. Geburtstag. Und ist dabei einfach nur jung geblieben.
Düsseldorf. Dieser Mann ist eine Wohltat im hektischen Fußballalltag. Das genaue Gegenteil verbreiteter Dampfplauderer, ein Mann, der etwas zu sagen hat. Einer mit Meinung, Rückgrat. Und mit Erfolg, nicht nur beim Aufstiegskandidaten Fortuna Düsseldorf. Wolf Werner über seinen Verein, den Fußball und das Leben an sich.
Wolf Werner, haben Sie sich gewundert über die Aufregung um die Rückkehr des 73-Jährigen Otto Rehhagel?
Wolf Werner: Wenn das eine Anspielung auf mein Alter sein soll, muss ich Ihnen antworten, dass das in Amerika keinen aufregen würde. „Well of older people“ heißt es dort seit Jahren, man schätzt die Erfahrung der älteren Menschen, es ist doch schön, wenn eine solche Entwicklung auch zu uns herüberschwappt.
Was ist der große Trumpf im Alter außer der Erfahrung?
Werner: Vielleicht Gelassenheit? Eine Eigenschaft, die man mir bisher eher selten zugeschrieben hat. Aber es stimmt schon, etwas mehr Distanz ist da, wenn es ans Eingemachte geht. Aber grundsätzlich gehören Emotionen zum Fußball, auch im Alter. Wahrscheinlich lernt man nur, sie besser zu kontrollieren.
Sie waren als Spieler nie Profi. Wie schafften Sie 1979 den Einstieg in die Bundesliga?
Werner: Ganz einfach. Ich habe Jupp Heynckes 1978 beim Fußballlehrer-Lehrgang in Köln kennengelernt. Ich hatte mein Lehramtsstudium in Hannover abgeschlossen und wollte unbedingt die Zeit nutzen und den Trainerschein machen. Mein Vater lebte in Mönchengladbach, wo Heynckes Co-Trainer von Udo Lattek war. Wir bildeten eine Fahrgemeinschaft und freundeten uns an. Ich habe die Seminare ausgearbeitet und die besten Spickzettel geschrieben.
Und ein Jahr später waren Sie am Bökelberg.
Werner: Ja, als Jupp nach dem Wechsel von Lattek zu Bayern München befördert wurde, hat er mich als Assistenten geholt. Das waren acht wundervolle Jahre, und als Jupp 1987 zu Bayern München ging, hat mich Helmut Grashoff zum Cheftrainer gemacht.
Werner: Ich denke schon. Und damals wie heute bin ich davon überzeugt, dass es für alle Seiten befruchtend ist, wenn es solche Quereinsteiger gibt. Ohne mich mit den Kollegen vergleichen zu wollen: Auch José Mourinho oder Christoph Daum sind große Trainer geworden, obwohl sie nie als Profis gespielt haben.
In die Geschichte von Borussia Mönchengladbach sind Sie eingegangen als der erste Trainer, den der Verein gefeuert hat.
Werner: Ja, das stimmt. Ich habe damals Fehler gemacht, die mir heute nicht mehr passieren würden. Nach dem Weggang von Jupp wollte ich eigentlich nicht groß was ändern, aber so konnte ich mich auch nicht profilieren. Dazu hielt man mir eben immer dann, wenn es nicht gut lief, meine fehlende Profierfahrung vor.
Heynckes hielt große Stücke auf Sie und holte sie als Nachwuchschef zu den Bayern.
Werner: Ich hatte immer ein großes Interesse an der Nachwuchsarbeit und sah dort eine große Chance, etwas Neues zu machen. Als der Jupp aber entlassen wurde — Uli Hoeneß bezeichnet das ja immer noch als seinen größten Fehler — hatte ich in München keine Perspektive mehr. Ich war vorher schon als Heynckes-Zögling schief angesehen worden.
Es war ihr Ausstieg aus dem Profifußball.
Werner: Ja, aber das war eine bewusste Entscheidung. Ich habe mich auf die Erziehung unserer Kinder konzentriert und eine Stelle im Schuldienst angenommen. Der Fußball spielte nur noch eine Nebenrolle, ein Engagement beim SV Wilhelmshaven habe ich selbst beendet.
In den Profifußball wären Sie wohl nie wieder zurückgekehrt.
Werner: Wenn nicht eines Tages Klaus-Dieter Fischer bei mir im Wohnzimmer gesessen hätte, als ich mittags von der Schule kam. Er war und ist das Herz und das Hirn des SV Werder, er wollte mich als Nachwuchsmanager und hat mich überzeugt, es noch mal anzupacken. Sonst hätte ich mich mit einem Job im Profifußball nicht mehr befasst, das ist sicher.
Und jetzt, mit fast 70 Jahren, stehen Sie mit Fortuna Düsseldorf an der Schwelle zur Bundesliga. Kommt Ihnen das manchmal nicht komisch vor?
Werner: Als ich im November 2007 den Anruf von Paul Jäger bekam, hat ja niemand an eine solche Entwicklung gedacht. Die Fortuna steckte im Mittelmaß der Regionalliga, wir hatten manchmal schlaflose Nächte, weil wir nicht wussten, ob wir die Gehälter würden pünktlich zahlen können. Und wenn man in der Stadt Jugendliche mit Fan-Trikots traf, dann waren das Hemden von Gladbach, Bayern oder Barcelona. Heute ist Fortuna in, gehört zur Stadt. Wir haben fast 10 000 Mitglieder, das Stadion ist voll.
Auch Ihnen schlug eine gewisse Skepsis entgegen.
Werner: Stimmt. Manch einer hat geglaubt, der neue Fortuna-Manager müsste mindestens mal Weltmeister gewesen sein — und war dann enttäuscht, weil nur der Nachwuchsmanager von Werder Bremen gekommen ist.
Ist die Fortuna die größte Herausforderung Ihrer Laufbahn gewesen?
Werner: Mal abwarten, was da noch kommt. Nein, das kann ich so nicht sagen. Ich habe es als Chance gesehen. Mir war wichtig, dass ich nicht nur der Manager der Profimannschaft sein wollte. Es war eine der Voraussetzungen damals, dass ich Zugriff auf die Nachwuchsarbeit bekommen würde. Das war mir wichtig.
Und jetzt träumen alle von der Rückkehr in die Bundesliga, nach genau 15 Jahren. Was passiert, wenn es nicht klappt?
Werner: Das ist genau die falsche Frage. Wir sind in die Saison gegangen, mit dem Vorsatz, attraktiven, offensiven Fußball zu spielen. Dass wir damit eine solche erfolgreiche Vorrunde gespielt haben, hat uns ja selbst fast überrascht. Daraus ist bei vielen ein Anspruch erwachsen, das ist die Crux des Erfolgs. Die Fans dürfen davon träumen, wir reden nicht mal darüber.