Interview mit Thomas Allofs „Warum holt Fortuna meinen Bruder Klaus nicht dazu?“

Düssedlorf · Thomas Allofs verfolgt genau, was bei Fortuna Düsseldorf passiert. Als ehemaliger Spieler und Vorstandsmitglied ist er am Wohl des Vereins immer noch interessiert. Wir sprachen mit dem 60-Jährigen über das Klub-Jubiläum, aber auch über aktuelle Themen.

Thomas Allofs (l.) und sein Bruder Klaus vor dem Europapokalfinale 1979 der Fortuna gegen den FC Barcelona.

Thomas Allofs (l.) und sein Bruder Klaus vor dem Europapokalfinale 1979 der Fortuna gegen den FC Barcelona.

Foto: Horstmueller/HORSTMUELLER GmbH

Herr Allofs, wie werten Sie die Rolle des Fußballs in der Corona-Krise?

Thomas Allofs: Der Fußball wird derzeit von manchen auf so ein Schild gehoben, als wenn er die Welt retten müsste. Ich finde schon richtig, dass die Saison zu Ende gespielt wird. Wenn das sicherheits- und gesundheitstechnisch zu stemmen ist, warum soll das dann nicht weitergeführt werden. Es ist nun einmal ein Wirtschaftszweig, der unter Druck steht. Ob es so prekär ist, wie es immer geschildert wird, weiß ich nicht. Aber wenn das Gesundheitssystem von den geschilderten 20 000 Tests abhängig sein sollte, wäre das ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft. Den Standard, über den wir in unserem Land verfügen, haben sich die Menschen bei uns erarbeitet. Das Thema kann sich trotzdem schnell erledigen, wenn gleich in mehreren Mannschaften Corona-Fälle auftauchen sollten.

Was halten Sie von dem geforderten Gehaltsverzicht für die Fußball-Profis?

Allofs: Die Politiker tun so, als wären sie die großen Samariter, weil sie das Geld verteilen. Aber das gehört ihnen nicht, das haben wir Bürger erwirtschaftet. Es ist für mich befremdlich, dass die Politiker nicht mal auf ein oder zwei Monatsgehälter verzichten wollen. Das könnte man in einen Fond einzahlen und damit konkreten Zwecken zuführen. Das würde das Image der Politiker sehr verbessern. Und mit dem moralischen Finger wird auf junge Spieler gezeigt, dass diese gefälligst verzichten sollen. Da können wirklich andere vorpreschen. Dass unzählige Kinder in Afrika verrecken, wo man mit kleinem Aufwand helfen könnte, wird ja auch unter den Teppich gekehrt.

Wäre es günstiger für Fortuna gewesen, wenn die Saison abgebrochen und der Klassenerhalt auf diese Weise gesichert gewesen wäre. Oder hätte das der Fairness widersprochen?

Thomas Allofs sieht gute Chancen, dass sich die Fortuna in der Bundesliga etablieren kann.

Thomas Allofs sieht gute Chancen, dass sich die Fortuna in der Bundesliga etablieren kann.

Foto: Young David (DY)

Allofs: Fair wird es ja ohnehin nicht mehr zugehen. Das ist eine wirtschaftliche Entscheidung, es irgendwie zu Ende zu bringen. Es hätte eine Win-Win-Situation sein können: Fortuna bleibt drin und holt den Verlust durch eine aufgestockte Liga kommende Saison halbwegs wieder rein.

Der Verein feiert in diesen Tagen das 125-Jährige. Was waren Ihre schönsten Momente mit der Fortuna? Wie war die Zeit als Spieler?

Allofs: Ich bin als junger Kerl aus der A-Jugend in den Profikader reingerutscht. Zuvor habe ich mit den Amateuren gespielt, die kurz vorher Meister im Amateur-Bereich geworden waren. In der Rückrunde der Bundesliga-Saison 78/79 hatte ich meinen ersten Startelf-Einsatz ausgerechnet in Köln. Da haben wir 2:2 gespielt. Das war schon klasse. Danach kamen drei Endspiele für mich, zwei im Pokal, eines im Europapokal. Das war für einen jungen Spieler wie im Film, wie in Hollywood. Ich kam völlig unbedarft und unbelastet als Düsseldorfer Junge in diesen Bereich. Natürlich hat es mir geholfen, dass mein Bruder Klaus bei Fortuna schon drei Jahre dabei war. Das war am Anfang auf jeden Fall gut bei  meinen knapp 1,70 Meter Größe und 62 Kilo damals. Aber letztlich habe ich mir durch die Leistung und weil ich mich reingehauen habe, Respekt verschafft. Und ich habe die älteren Spieler und ihre Privilegien respektiert. Dieter Tippenhauer hat uns als Dreigestirn – Gerd Merheim, Ralf Dusend und mich – zu den Profis geholt, nachdem er zuvor die A-Jugend trainiert hatte. Nationalmannschaft und U 21 in Peking mit Berti Vogts waren zudem tolle Erlebnisse. Auch beim 1. FC Köln und in Kaiserslautern gab es schöne Zeiten. In der Rückrunde 1990 bin ich aber zurück zur Fortuna. Wir hatten auch da eine gute Mannschaft mit Sven Demandt, Carlo Werner, Jörg Schmadtke, Ralf Loose, Jörn Anderson, Ritschie Walz, Jörg Albertz und anderen mehr. Nur nach dem Weggang von Aleks Ristic sind wir abgestiegen, auch weil es im Kader eine ungesunde Grüppchenbildung gab. Zudem gab es in der Vereinsführung gewisse Probleme. Ich habe dann aufgehört nach dem zweiten Kreuzbandriss und hatte länger mit Fortuna kaum etwas zu tun.

Wie kam es dann zum erneuten Kontakt mit „Ihrem Verein“?

Allofs: Irgendwann kam Werner Sesterhenn auf mich zu, als es sportlich in der Viertklassigkeit nicht so gut lief. Ich sollte mit meinem Gesicht so ein wenig als Hoffnungsträger diesen. So hat sich das dann entwickelt.

Wie ist heute die Verbindung zur Fortuna?

Allofs: Düsseldorf ist meine fußballerische Heimat. Wen man als C-Jugendlicher abends viermal mit dem Bus zum Training am Flinger Broich gefahren ist, habe ich natürlich eine besondere und ganz andere Bindung als zu einem meiner anderen Vereine. Ich hänge sehr an Fortuna und schaue auf die Spiele und die Ereignisse im Verein. Der Wunsch, dass der Klub in der Bundesliga bleibt, ist groß. Die Rahmenbedingungen sind eigentlich optimal.

Was macht Fortuna sonst so besonders?

Allofs: Natürlich auch die Fans. Aber es sind auch die Menschen, die diesen Verein geprägt haben. Wie Helmut Pöstges, der für uns Jugendspieler so viel getan hat. Das war sein Leben. Als Underdog dann diese Erfolge im Pokal zu haben, hat Fortuna geprägt. Aber mit den ehemaligen Spielern tut sich der Verein sehr schwer. Das in irgendeiner Form zu würdigen, diese Leute einzubinden, ist ein Problem in Düsseldorf. Das ist schon eigenartig. Da wird auf die Tradition verwiesen, aber die Leute, die dafür zum Teil verantwortlich sind, werden nicht so behandelt, wie sie es verdient hätten. Das ist eigenartig, weil der Verein auch die Tradition leben will. Aber danach wird nicht gehandelt. Schade.

Können Sie sich denn vorstellen, irgendwann für Fortuna wieder tätig zu werden?

Allofs: Man soll nie Nie sagen – wieso also nicht? Auch im Bezug auf meinen Bruder verstehe ich das nicht, weil die Vereine bekannte Gesichter brauchen, damit sich die Leute mit ihnen identifizieren. Klaus ist der erfolgreichste Spieler der Fortuna in der Neuzeit. Er hatte Erfolg im Bundesliga-Management in Bremen und Wolfsburg. Ich verstehe nicht, warum man solche Leute bei Fortuna nicht einbindet. Ein besseres Marketing kann man doch gar nicht betreiben.