Was ohne Sascha Rösler fehlt
Der 34-Jährige ist im Spitzenspiel am Montag gegen Fürth nicht dabei. Er ist gleichzeitig Publikumsliebling und Reizfigur.
Düsseldorf. Sascha Rösler wusste sofort, was er da angerichtet hatte. „Es ist schon ärgerlich, ausgerechnet das Top-Spiel am Montagabend zu verpassen“, sagte der Fortuna-Stürmer zerknirscht, nachdem er in Berlin die fünfte Gelbe Karte der Saison gesehen hatte.
Kurz vor dem Duell mit Greuther Fürth (Mo., 20.15 Uhr) sieht er die Angelegenheit schon gelassener: „Irgendwann musste es ja passieren. In den schönen Auswärtsspielen anschließend in Duisburg und Bochum bin ich dafür ja wieder dabei.“
Am Montag wird es für den Fußball-Zweitligisten aber schwer, den 34-Jährigen zu ersetzen, der jüngst zur Düsseldorfer „Sportpersönlichkeit 2011“ gewählt wurde. Die WZ erklärt das „Phänomen Rösler“:
Manager Wolf Werner bewies vor gut einem Jahr ein gutes Gespür für den Fußball-Rentner, holte ihn aus der Arbeitslosigkeit. Bei 1860 München war Rösler im Streit gegangen, hielt wegen Freundin Annika und dem gemeinsamen Wohnort Aachen Ausschau nach einem Klub im Westen — bis in die Saison hinein erfolglos.
„Er kam in einer Situation, in der es uns richtig dreckig ging“, sagt Fortuna-Trainer Norbert Meier in Erinnung an sieben Pflichtspiel-Niederlagen zu Beginn der vergangenen Spielzeit. Mit Rösler in der ersten Elf lief es besser: 26 Pflichtspielsiege, zehn Remis und nur fünf Niederlagen stehen zu Buche.
Nicht jede Gelbe Karte bereitet der Fußball-Seele Schmerzen, weil sie zu einer Sperre führt. Manchmal nimmt sie der Fußball-Profi auch in Kauf, wenn er mit dosiert aggressivem Verhalten seine Kollegen wachzurütteln versucht — „Drecksack-Mentalität“ für den guten Zweck. Dabei ist er privat „ein ganz feiner Kerl, der am liebsten seine Ruhe hat“, sagt sein Trainer.
Die Kapitänsbinde trägt der erfahrene Fußballprofi nicht. Muss er auch gar nicht. Rösler ist einer, der auf dem Platz Taten sprechen lässt und damit seinen Führungsanspruch untermauert.
Nach 16 Jahren im Geschäft unter Trainern wie Hans Meyer, Dieter Hecking oder Aleksandar Ristic gibt es kaum Situationen, die ihn überraschen können. Zumal er im Karriere-Herbst auch nichts mehr zu verlieren hat und entsprechend tiefenentspannt damit umgeht.
Nicht nur in Auswärtsspielen bei seinen Ex-Klubs schafft es Rösler regelmäßig, die gegnerischen Fans gegen sich aufzubringen - da haben ihn die Fans von Alemannia Aachen oder 1860 München von Beginn an auf dem „Kieker“.
Auch bei anderen Fortuna-Gastspielen, wie zuletzt bei Union Berlin, polarisiert der 34-Jährige durch seine provokante Spielweise und das ständige Diskutieren mit Schiedsrichtern und Gegnern. Freundin Annika sei „sehr erschrocken“ gewesen, sagt er, als sie ihn das erste Mal auf dem Platz erlebte. Die andere Seite ist der Erfolg: Bei der Fortuna ist er längst Publikumsliebling, bekommt Szenenapplaus, wenn er nur zum Eckball antritt.
Neun Saisontore sprechen für sich. Damit ist Rösler vor Maximilian Beister (8 Tore) bester Schütze der Fortuna. So hatte er es versprochen, als er verpflichtet wurde: „Ich weiß immer noch, wo die Kiste steht.“
Nicht zuletzt muss Trainer Norbert Meier gegen Fürth die Ausführung von Eckbällen und Freistößen in Tornähe neu verteilen. Denn das ist sonst Röslers Sache — ob als Vorlage oder direkt aufs Tor gezirkelt. Rösler weiß, wie das mit dem Aufstieg funktioniert.
Drei Bundesliga-Aufstiege stehen in seinem Fußball-Stammbuch: 1999 mit dem SSV Ulm, 2006 mit Alemannia Aachen, 2008 mit Borussia Mönchengladbach. In der ersten deutschen Spielklasse fasste Rösler allerdings nie richtig Fuß, stieg mit Ulm und Aachen sofort wieder ab, flog bei der Borussia aus dem Profikader.
Mit der Fortuna könnte es jetzt wieder klappen. Und dass er dann noch ein Jahr dranhängt, dranhängen darf, darf wohl angenommen werden.