Final-Duell der Gegensätze: Japan fordert USA
Frankfurt/Main (dpa) - Kopfballungeheuer gegen Kollektiv, Toreffizienz gegen Kurzpasskunst: Im Kampf um die WM-Krone im Frauen-Fußball kommt es am Sonntag zum spektakulären Duell der Gegensätze.
Gegen die geballte Wucht von Amerikas „First Ladies“ setzt Deutschland-Alptraum Japan unerbittlichen Siegeswillen und mannschaftliche Geschlossenheit. „Wir haben vorher auch noch nie gegen Deutschland oder Schweden gewonnen. Das ist unsere Chance, es ein drittes Mal zu schaffen“, sagte Japans Starspielerin Homare Sawa.
Die Bilanz gegen die US-Girls könnte mit 22 Niederlagen und 3 Unentschieden zwar kaum schlechter sein, nach den Erfolgen über die DFB-Elf und die Skandinavierinnen im Viertel- und Halbfinale hat sich bei den bescheidenen Asiatinnen aber große Zuversicht breitgemacht: „Wir wollen unbedingt mit dem Pokal nach Hause fahren“, betone Sawa.
Problem nur: Das wollen auch die Amerikanerinnen. „Es ist unsere Zeit. Ich bin so aufgeregt über die Chance, Weltmeister zu werden“, sagte Angreiferin Abby Wambach vor dem Finale in der mit 48 817 Zuschauern voll besetzten Frankfurter WM-Arena an diesem Sonntag: „Davon haben wir alle geträumt seit wir kleine Kinder waren.“
Und „Her Airness“ selbst könnte für die Entscheidung sorgen. Von 121 Ländertoren erzielte Wambach 49 per Kopf. Mit 1,81 Meter überragt die Stürmerin die japanische Abwehrriege deutlich. Die Neu-Frankfurterin Saki Kumagai ist mit 1,71 Meter noch die Größte aus der Defensivabteilung der Asiatinnen, der Rest ist deutlich unter 1,70 Metern. „Wir müssen Kapital aus unserer körperlichen Stärke schlagen“, sagte Wambach, die von US-Trainerin Pia Sundhage ein Sonderlob erhielt: „Abby ist ganz besonders und ein großartiger Bonus für uns. Sie hat die Kraft und das Timing und macht den anderen Teams das Leben sehr schwer.“
Wambach hin oder her - Elefanten-Orakel Nelly setzt dennoch auf einen Sieg der Japanerinnen, die zum ersten Mal in einem WM-Finale stehen. Gegner USA holte unterdessen schon zweimal den Titel. Zuletzt 1999, danach übernahmen die deutschen Damen die Macht. Am Sonntag werden die deutschen Spielerinnen das Finale mit großer Wehmut nur als Zuschauer auf der Tribüne verfolgen können.
Während das DFB-Team beim Heim-Turnier unter anderem am großen Druck scheiterte, geben sich die US-Girls betont locker. Als Sundhage bei einer Pressekonferenz am Freitag gefragt wurde, wie sie ihre Spielerinnen vor dem Showdown beruhige, sang die Schwedin kurzerhand einen Simon & Garfunkel-Klassiker. Entgegen der Liedzeilen „Slow down you move too fast“ (Mach' langsam, du bewegst dich zu schnell) soll ihr Team am Sonntag aber das gewohnte Tempo zeigen. „Wir müssen wieder unsere Angriffsmentalität finden“, forderte Sundhage und zeigte Respekt vor Japan: „Ich bin sehr beeindruckt, wie sie spielen“.
Ihr Gegenüber Norio Sasaki will darauf verzichten, seinen Spielerinnen erneut TV-Bilder von der Tsunami- und Erdbebenkatastrophe in der Heimat zu zeigen. „Die Spielerinnen wissen, was sie zu tun haben“, sagte Japans Coach vor dem Match gegen die Amerikanerinnen. „Wir versuchen stets, unsere Gegner zu fordern, und nun möchten wir die Gunst der Stunde nutzen und die USA schlagen“, meinte Mittelfeldspielerin Nahomi Kawasumi.
„Wir spielen einfach schneller als der Gegner“, beschrieb Potsdams Stürmerin Yuki Nagasato das japanische Erfolgsrezept, zu dem maßgeblich auch Sawa gehört. „Sie ist eine großartige Führungsspielerin. Sie gibt ihrer Mannschaft den Puls“, meinte US-Spielerin Christie Rampone, die das „Herz“ der Japanerinnen noch aus der amerikanischen Profiliga kennt. Sawa sei sowohl defensiv als auch offensiv sehr stark, lobte auch Sundhage: „Sie hat immer eine hundertprozentige Arbeitseinstellung.“
Auch die US-Girls erwiesen sich im Turnierverlauf kämpferisch, warfen im Viertelfinale Mitfavorit Brasilien raus. „Das Team hat sich das ganze Turnier über verbessert, und so sollte es ja auch eigentlich sein“, sagte Amerikas Fußball-Legende Mia Hamm in einem Interview auf der FIFA-Homepage. Verzichten müssen sie auf die Unterstützung von Präsidentengattin Michelle Obama im Stadion. Dafür wird die deutsche Polit-Prominenz vertreten sein: Allen voran Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Sonntag ihren 57. Geburtstag feiert, und Bundespräsident Christian Wulff.
Unklar wie der Spielausgang war unterdessen noch, wer den WM-Pokal überreichen wird. FIFA-Präsident Joseph Blatter muss nach dem Korruptionsskandal in seinem Verband damit rechnen, von den über 48 000 Fans ausgepfiffen zu werden. „Ich würde mich freuen, wenn ich das machen dürfte“, meinte die Chefin des WM-Organisationskomitees, Steffi Jones.