Schröders Attacken: Ärger um Bajramaj-Wechsel
Potsdam (dpa) - Dicke Luft im deutschen Frauen-Fußball: Fünf Wochen vor Beginn der Weltmeisterschaft im eigenen Land beklagt Meistercoach Bernd Schröder von Turbine Potsdam einen „Verfall der Sitten“.
Grund für die Kritik sind der am Montag offiziell bestätigte Wechsel von „Glamour Girl“ Fatmire Bajramaj zum Erzrivalen 1. FFC Frankfurt sowie die Nichtnominierung der Potsdamer Torhüterin Anna Felicitas Sarholz für das WM-Team. Schröder störte nach eigenem Bekunden nicht so sehr, dass die Auswahlspielerin Bajramaj nach Frankfurt wechselt, sondern vor allem der Zeitpunkt der Verkündung. „Es gehört sich einfach nicht, dass dieser Verein während der laufenden Saison Spielerinnen anbaggert, ohne mit uns zu sprechen“, schimpfte er und legte nach: „Frankfurt hat jetzt schon acht oder neun Spielerinnen von uns abgeworben. Für die Entwicklung des eigenen Nachwuchses aber tun sie gar nichts.“
Vor der 23-jährigen Bajramaj, die in Hessen einen Drei-Jahres-Vertrag erhält, waren unter anderen die Welt- und Europameisterinnen Nadine Angerer, Ariane Hingst, Conny Pohlers und Petra Wimbersky von Potsdam zum finanzkräftigeren FFC abgewandert. In dieser Saison hatte sich der Club vom Main auch die Dienste von Turbine-Torhüterin Desiree Schumann gesichert.
„Wir haben da eine ganz andere Philosophie. Wir entwickeln unsere Talente selbst, sind achtmal B-Jugendmeister und stehen im Finale der Schüler-Weltmeisterschaft“, sagte Schröder.
Frankfurts Manager Siegfried Dietrich kann die Aufregung beim Rivalen nicht verstehen. „Ich habe viel Fairness walten lassen und vor dem Pokalfinale noch nichts gesagt. Bekanntlich war der Wechsel von Lira schon seit Wochen klar“, sagte der Manager. „Wir haben uns an alle Gepflogenheiten gehalten, die gelten, wenn der Vertrag einer Spielerin ausläuft.“
Die Mittelfeld-Akteurin bestätigte, dass „das Gesamtpaket von Frankfurt ein wenig besser“ gewesen sei. Zudem habe die größere Nähe zu ihrer Familie, die in Mönchengladbach lebt, ein Rolle gespielt. „Lira ist ein tolles Mädchen. Doch leider wird sie von ihrer Familie und ihrem Berater fremdbestimmt“, giftete hingegen Schröder.
Ungemein stört den seit 40 Jahren bei Turbine wirkenden Erfolgscoach auch, dass die Potsdamer Elfmeter-Killerin aus dem Champions-League-Finale von Getafe 2010, Anna Felicitas Sarholz, nicht für die WM im eigenen Land nominiert wurde. „Wer ein bisschen Ahnung vom Fußball hat, wird heute wieder gesehen haben, dass dieses Mädchen unbedingt in die Nationalmannschaft gehört“, kritisierte er am Sonntag nach dem Champions-League-Halbfinale Potsdams gegen den FCR Duisburg (1:0) indirekt Bundestrainerin Silvia Neid.
Neben ihrer Nummer 1 Nadine Angerer hatte Neid die derzeit verletzte Ursula Holl (Duisburg) sowie Almuth Schult (Magdeburg) und Lisa Weiß (Essen-Schönebeck) vornominiert. Die 18-jährige Sarholz hatte sich im Vorjahr nach einem Streit mit U 20-Trainerin Maren Meinert überworfen und auf ihre Teilnahme an der U 19-EM in Mazedonien verzichtet. Seitdem herrscht Funkstille zwischen dem DFB und Sarholz.