Trotz Pleite: Rückendeckung für Brasilien-Coach

Stuttgart (dpa) - Das 2:3 im Klassiker gegen Deutschland hat den Rekordweltmeister Brasilien noch tiefer in seine Krise gestürzt. Vor allem Trainer Mano Menezes gerät immer mehr in die Kritik. Um seinen Job fürchten muss er vorerst nicht.

Er hat weiter die Rückendeckung des Verbands.

Den einst so ruhmreichen Brasilianern gelingen im Moment noch nicht einmal die einfachsten Dinge. Nach der Niederlage gegen Deutschland fand ihr Torwart Julio Cesar von Inter Mailand den Ausgang aus dem Stadion nicht. Er musste erst einen Ordner nach dem Weg zum Teambus fragen.

Drei Jahre vor der sehnsüchtig erwarteten WM im eigenen Land irrlichtert der Rekordweltmeister weiter durch seine Krise - die nächste Pleite nach dem peinlichen Aus bei der Copa America hat vor allem den Druck auf den umstrittenen Nationaltrainer Mano Menezes noch einmal erhöht.

Doch während die Zeitung „O Povo“ den Coach schon mit den Worten „Mano Chau“ (Mano ciao) verabschieden wollte und auch dem ehemaligen Weltfußballer Romario nur Pöbeleien („Es sieht Sch... aus.“) zu seinen Nachfolgern einfielen, gab der mächtige Verbands-Boss Ricardo Teixeira seinem Coach noch am Mittwochabend in Stuttgart eine Art Jobgarantie. „Die Arbeit wird mit vollem Vertrauen fortgesetzt“, sagte Teixeira. Er habe bereits unmittelbar nach dem Spiel mit Menezes gesprochen und ihm seine Unterstützung beim Neuaufbau der „Seleção“ für die Weltmeisterschaft 2014 zugesagt.

Menezes analysierte die Niederlage in diesem Klassiker mit bemerkenswerter Sachlichkeit. Er klang dabei aber eher wie jemand, der eine Durchschnittstruppe wie Paraguay oder Peru trainiert und nicht den stets zum Siegen verdammten fünfmaligen Weltmeister. „Die deutsche Mannschaft ist über Jahre gewachsen. Soweit sind wir noch nicht“, meinte der 49-Jährige. „Aber genau deshalb spielen wir gegen solche Spitzenmannschaften, um wieder auf dieses Level zu kommen.“

Am 14. und 28. September geht es nun zweimal gegen den Erzrivalen Argentinien, der zurzeit genauso durchhängt wie die „Seleção“. Für Menezes könnten die Tests zum Befreiungsschlag werden - oder zum K.o. Denn seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr haben die Brasilianer noch gegen keinen großen Gegner wie Deutschland oder die Niederlande gewinnen können. Und die hochverdiente Niederlage in Stuttgart lieferte wieder einige Hinweise darauf, warum das so ist.

Bei Neymars Anschlusstor (90.+2) oder Patos Großchancen (12./47.) zeigte sich auf durchaus bestaunenswerte Art und Weise, welche individuellen Möglichkeiten in diesem Kader stecken. Diese Instinktfußballer unter einen Hut respektive in ein taktisches Schema zu kriegen, wäre allerdings für jeden Trainer eine Herausforderung. „Es ist Selbstmord, mit einer Mannschaft, die nicht existiert, gegen starke Teams anzutreten“, schrieb der Journalist Juca Kfouri.

So bewies das neue Wunderkind Neymar am Mittwochabend, dass ihm im Vergleich zum Maßstab aller Wunderkinder, Lionel Messi, vor allem noch der Gemeinschaftssinn fehlt. Sein spätes Tor zum 2:3 bejubelte der 19-Jährige ungeachtet der Tatsache, dass es rein gar nichts mehr an Brasiliens Pleite änderte. Nach der Partie machte es ihm dann sichtlich Spaß, sich im Bauch der Mercedes-Benz Arena zusammen mit einigen Fans fotografieren zu lassen.

„Wir dürfen den Kopf jetzt nicht in den Sand stecken“, meinte Neymar. „Wir brauchen noch mehr Zeit, um uns zusammenzuraufen.“ Verbandsboss Teixeira ist gewillt, sie Menezes und dem Team zu gewähren. Er kenne die Risiken, die mit einem solchen Neuaufbau verbunden seien. Und er wisse, dass die Ergebnisse am Anfang nicht immer die erwarteten sein würden, betonte der 64-Jährige. „O Povo“ empfahl ihm dabei Anschauungsunterricht beim Gegner: „Deutschland hat Brasilien gezeigt, wie man ein Team erneuert“, schrieb das Blatt.