Interview: „Im Gefängnis gibt es keinen Promibonus“
Straubing (dpa) - Uli Hoeneß kann im Gefängnis nicht auf Sonderbehandlungen aufgrund seiner Bekanntheit hoffen.
„Im Gefängnis gibt es keinen Promibonus“, sagte der Vorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten in Deutschland, Anton Bachl, der Nachrichtenagentur dpa in Straubing in einem Interview.
Was erwartet Uli Hoeneß am ersten Tag im Gefängnis?
Bachl:Wie jeder Häftling wird er entkleidet und von einem Arzt und einem Psychologen untersucht. Dann wird ein Vollzugsplan erstellt, in dem die Fähigkeiten und Eignungen des Häftlings festgehalten werden. Danach erhält er Gefängniskleidung.
Hat Herr Hoeneß Anspruch auf einen speziellen Haftraum?
Bachl:Nein. Im Gefängnis gibt es keinen Promibonus. Einen Anspruch auf eine Einzelzelle gibt es nicht. Dies wird in Bayern zwar für sämtliche Häftlinge angestrebt, hängt aber von der Belegung der jeweiligen Justizvollzugsanstalt ab. Und hier ist die Lage im Freistaat ziemlich angespannt. Es ist auch möglich, dass Herr Hoeneß Tür an Tür mit Gewaltverbrechern leben muss, oder mit ihnen gemeinsam in einer Zelle sitzt. Ich gehe aber davon aus, dass er eine Einzelzelle bekommen wird.
Wie groß ist die Zelle und wie ist die Ausstattung?
Bachl:Eine Einzelzelle ist zwischen acht und zehn Quadratmeter groß. Darin gibt es ein Bett, einen Schrank, einen Tisch und einen Stuhl. Zudem einen Nassbereich mit Waschbecken und einer separaten Toilette. Die Gemeinschaftsduschen sind auf dem Flur.
Welche persönlichen Dinge darf Herr Hoeneß mitbringen?
Bachl:Statussymbole wie teure Uhren oder Schmuck sind nicht erlaubt. Dies kann bei den anderen Häftlingen Begehrlichkeiten wecken. Handys oder Smartphones sind nicht gestattet. Einen Fernseher kann der Gefangenen mitbringen oder sich leihen. Die Programme richten sich nach dem Angebot der Anstalt. Bezahlfernsehen, um sich die Champions League anzuschauen, ist nicht erlaubt.
Muss Herr Hoeneß im Gefängnis arbeiten?
Bachl:Jeder Häftling in Bayern ist zur Arbeit verpflichtet, außer es sprechen gesundheitliche Gründe dagegen oder der Häftling ist im Rentenalter. Dabei wird die Eignung des Gefangenen beachtet. Herr Hoeneß ist ja Wurstfabrikant. Er kann also in der Küche oder beim Anstaltsmetzger arbeiten, wenn die Justizvollzugsanstalt dies anbietet.
Wie stehen die Chancen für Herr Hoeneß in den offenen Vollzug zu kommen?
Bachl:Dies entscheidet das Anstaltsteam und hängt von der Führung und Mitarbeit des Häftlings ab. Die ersten Monate wird Herr Hoeneß aber sicher im Gefängnis verbringen. Sollte er eine Anstellung, beispielsweise beim FC Bayern München bekommen, darf er tagsüber raus, um dort zu arbeiten. Dies dient der Resozialisierung. Abends muss er aber wieder in die Zelle zurück. Für eine Resozialisierung ist es nicht notwendig, dass ein Häftling sich die Champions League im Stadion anschaut.
Nach welcher Zeit kann Uli Hoeneß mit einer vorzeitigen Haftentlassung rechnen?
Bachl:Das hängt in erster Linie von dem Verhalten des Häftlings ab. Möglich ist eine Haftentlassung bereits nach der Hälfte der verbüßten Strafe. Das ist aber die absolute Ausnahme. Ich rechne eher damit, dass Herr Hoeneß bei guter Führung nach zwei Jahren entlassen werden kann.
ZUR PERSON:Anton Bachl ist Vorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten in Deutschland. Etwa 20 Jahre war der 62-Jährige als Vollzugsbediensteter im Gefängnis in Straubing tätig. Anschließend war er acht Jahre in der Justizvollzugsschule für die Nachwuchsausbildung mitverantwortlich.