Löw will kein Klagen: US-Tournee als Chance

Berlin (dpa) - Der USA-Trip der Fußball-Nationalmannschaft bleibt problembeladen - Joachim Löw bemüht sich aber um eine positive Stimmung. „Ich habe in den Gesprächen gespürt, dass alle sehr motiviert sind“, betonte der Bundestrainer vor der komplizierten Überseereise.

Auch wenn nun zusätzlich Andreas Beck für die Länderspiele am 29. Mai in Boca Raton gegen Ecuador und am 2. Juni in Washington gegen die USA nicht zur Verfügung steht und sich der Schalker Jungstar Julian Draxler erstmal eine Metallplatte aus dem Arm operieren lassen musste, will Löw die Tournee ohne Klagen angehen. „Jedes Länderspiel ist gut“, erklärte der DFB-Chefcoach.

Insgesamt fehlen dem Bundestrainer, dessen Vertragsverlängerung vielleicht doch eher als bisher angenommen verhandelt wird, mehr als ein Dutzend Spieler. Und Torjäger Miroslav Klose sowie die beiden nominierten Dortmunder Sven Bender und Kevin Großkreutz werden auch noch nicht dabei sein, wenn Löw seinen Notreisekader an diesem Dienstagabend in einem Frankfurter Flughafenhotel um sich versammelt. „Für uns gilt es, aus den Gegebenheiten das Maximale herauszuholen“, sagte Löw.

Am Mittwochmorgen geht es von Frankfurt nach Miami. Dass die beiden Länderspiele zum Saisonabschluss in der Öffentlichkeit bisher keine adäquate Wertschätzung finden und von einigen Experten sogar belächelt werden, „das ärgert mich sehr“, schimpfte Oliver Bierhoff. „Solche Reise bringen Spieler immer weiter. Und wenn sie uns nur so ein kleines Stückchen weiterbringt Richtung der WM in Brasilien, dann ist schon was geleistet“, erklärte der Teammanager im „Doppelpass“ von Sport1. Auch Helmut Sandrock beschwichtigte: „Wir diskutieren ein Luxusproblem“, meinte der DFB-Generalsekretär: „Ich bin sicher, dass wir mit diesem Personal glänzend bestehen werden.“

Die Operation von Draxler soll dessen geplante Führungsrolle in den beiden Testspielen nicht gefährden. Doch der 19-Jährige, nach dem Ausfall der Mittelfeldzauberer Mario Götze, Marco Reus und Mesut Özil als kreative Kraft eingeplant, muss erst einmal „einige Tage mit dem Training aussetzen“, wie der Schalker selbst berichtete.

Sven Bender, Großkreutz und Klose sollen erst nach Champions-League-Endspiel und italienischem Pokalfinale nachreisen. Für den Leverkusener Stefan Kießling, der Zeit hätte und sich mit 25 Treffern als bester Bundesliga-Torschütze förmlich aufdrängte, hatte der Bundestrainer die Tür schon vor Monaten zugeschlagen. „Ich glaube, Jogi Löw hat ausführlich erklärt, warum er jetzt im Moment keine Rolle spielt und das muss man auch so akzeptieren“, sagte Bierhoff zu Kießling, der auch selbst seinen Verzicht auf die US-Tour formuliert hatte.

So kann Löw zunächst auf dem Gelände der Barry University in Florida nur mit 15 Feldspielern, darunter vier Neulinge, und drei Torhütern trainieren. „Die Spieler, die normalerweise nicht so im Fokus stehen, haben die Chance, sich zu bewähren. Es ist eine gute Gelegenheit für mich, diese Spieler zu sehen“, sagte der 53-Jährige.

Auch Bierhoff machte Werbung für die aus der Not geborene Reisegruppe: „Wir reden immer vom tollen deutschen Fußball - und das sind alles Spieler, die eine Chance verdient haben, die sich zeigen können. Spieler wie Draxler, Höwedes oder Schürrle haben einfach mal die Möglichkeit, in die erste Reihe zu rücken und Verantwortung zu übernehmen.“

Auch die Vertragssituation von Löw wird weiter diskutiert. Bierhoff hat zeitnahe Gespräche über eine Verlängerung des bis nach der WM 2014 laufenden Kontraktes angekündigt: „Sobald wir die WM-Qualifikation geschafft haben, werden wir uns mit DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Generalsekretär Helmut Sandrock an einen Tisch setzen“, sagte der Manager der „Bild“-Zeitung. Löw selbst hat das Thema bislang öffentlich weit von sich geschoben: „Jetzt darüber nachzudenken, was nach 2014 kommt, macht wenig Sinn“, hatte der Bundestrainer zu Jahresbeginn in einem dpa-Interview erklärt.