Niersbach rechnet mit EM-Zuschlag für Deutschland
Frankfurt/Main (dpa) - Die deutschen Fußball-Fans können sich auf Heimspiele bei der EM 2020 freuen - da ist sich Wolfgang Niersbach ziemlich sicher.
„Meine Prognose ist, wir werden dabei sein. Wir werden eines der 13 Länder sein“, sagte der DFB-Präsident bei einem Mediengespräch anlässlich seines bevorstehenden einjährigen Amtsjubliäums in Frankfurt. Das Kontinentalturnier in sieben Jahren wird nach einer Idee von UEFA-Präsident Michel Platini erstmals in mehreren Ländern ausgerichtet, jeder der 13 Gastgeber kann dabei nur mit einem Spielort vertreten sein.
In der vergangenen Woche hatte München als erste deutsche Stadt eine Bewerbung öffentlich gemacht. „Das haben wir sehr begrüßt“, sagte Niersbach. Der 62-Jährige rechnet fest mit weiteren Kandidaten. Infrage kommen aber nur Stadien mit einer Sitzplatzkapazität von mindestens 60 000 Zuschauern für Spiele in Vorrunde sowie Achtel- und Viertelfinale, von denen die UEFA insgesamt zwölf Ausrichter sucht. Das Endspiel-Paket mit der Ausrichtung beider Halbfinals und des Finales setzt sogar ein Fassungsvermögen von 70 000 Besuchern voraus - Stand heute könnte der DFB dafür wohl nur Dortmund oder Berlin ins Rennen schicken.
Das Auswahlverfahren ist aber komplizierter als es scheint und hängt auch von sportpolitischen Variablen ab. So steht der DFB bei der Türkei im Wort, nicht gegen Istanbul als Finalort zu kandidieren. Die Türken galten als logischer EM-Gastgeber 2020. Für das Turnier 2016, bei dem erstmals das Mammutfeld von 24 Teilnehmern dabei ist, waren sie knapp an Frankreich gescheitert. Da Istanbul aber auch für Olympia 2020 kandidiert und beide Großereignisse in einem Sommer nicht vereinbar sind, kam die UEFA überhaupt erst in ihr EM-Dilemma, aus dem dann die Idee des Multi-Nationen-Turniers geboren wurde.
Bekommt nun Tokio oder Madrid statt Istanbul am 7. September vom IOC den Olympia-Zuschlag für 2020, gilt es als ausgemachte Sache, dass das EM-Finale am Bosporus steigen soll. Auch Platini soll sich da schon festgelegt haben. Wird Istanbul als Olympia-Gastgeber gekürt, ist das EM-Endspiel-Rennen aber wieder offen. Ganz bewusst hat die UEFA ihre Bewerbungs-Deadline auf den 11. September gelegt, so dass Kandidaten noch auf die Olympia-Auswahl reagieren können.
Das DFB-Präsidium wird sich am 15. März näher mit seiner Kandidaten-Frage befassen. Als wahrscheinlich gilt, dass Deutschland sowohl für eines der zwölf Gruppen- und K.o.-Spiel-Pakete als auch für das Final-Paket Kandidaturen vorbereitet. Beim Länderspiel in Frankreich Anfang des Monats hatte Niersbach auch Rücksprache mit der Sportlichen Leitung der Nationalmannschaft gehalten, um ein Feedback aus deren Sicht zu bekommen.
Neben der Stadiongröße sind für die nationale Ausschreibung auch Kriterien wie Hotelkapazitäten und Verkehrsinfrastruktur maßgeblich. Laut Niersbach sind die Anforderungen dabei sogar noch größer als bei der Heim-WM 2006. An internationaler Konkurrenz wird es auch nicht mangeln. Niersbach geht davon aus, dass bei der UEFA Bewerbungen aus 25 Ländern eingehen werden und damit aus fast der Hälfte aller 53 UEFA-Mitgliedsländer.
An Deutschland als Fußball-Großmacht im Herzen des Kontinents führt nach Niersbachs fester Überzeugung kein Weg vorbei, wenn 2014 die Entscheidung bei der UEFA fällt. Niersbachs enges Verhältnis zu Platini ist ein weiteres Faustpfand. Der Franzose band seinen deutschen Freund von Beginn an in alle anfangs utopisch wirkenden Planungen mit ein. Bekommt Deutschland den Zuschlag, werden zwei Gruppenspiele zu Heimspielen werden - das ist garantiert. Allerdings muss sich die DFB-Elf wie alle anderen Nationen erst noch für das Turnier qualifizieren. Einen Freifahrtschein gibt es auch für die 13 Gastgeber nicht.
Niersbach will entgegen bisheriger Erwartungen nicht Nachfolger von Theo Zwanziger im Exekutivkomitee des Fußball-Weltverbandes FIFA werden. „Die UEFA mache ich, aber die FIFA ... - das ist in 2015 und ich bin jetzt 62 Jahre alt. Da sollen auch mal Jüngere ran“, sagte Niersbach.
Am 24. Mai dieses Jahres kandidiert der DFB-Chef für die Nachfolge Zwanzigers im Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union bei deren Kongress in London. Niersbach warnte aber davor, die Wahl als Selbstläufer anzusehen. „Es ist nicht so, dass die alle sagen, 'Hurra, da ist einer vom DFB'.“ Niersbach gilt allerdings in der UEFA-Hierarchie als sehr gut vernetzt und hat eine enge Verbindung zu Präsident Michel Platini.
Die Absage an eine FIFA-Kandidatur kommt überraschend, da Niersbach aufgrund seiner guten internationalen Kontakte als logischer Nachfolger Zwanzigers auch in diesem Amt galt. Schon in Niersbachs Funktion als DFB-Generalsekretär hatte Zwanziger ihn statt seinerselbst für diese Position vorgeschlagen. Wer stattdessen 2015 als DFB-Kandidat für das FIFA-Amt antreten soll, ließ Niersbach offen. „Wir müssen auch jüngere Gesichter aufbauen“, sagte er.