Verletzter Nationaltorhüter Schneider: Erste Länderspiele im WM-Jahr ohne Neuer
Sotschi (dpa) - Die neue WM-Titelmission von Joachim Löw muss ohne Manuel Neuer beginnen. Der Kapitän wird nach seinem Mittelfußbruch auch die ersten Länderspiele im WM-Jahr verpassen, wie Co-Trainer Thomas Schneider am Ende des Team Workshops in Sotschi bestätigte.
„Die Spiele sind in knapp vier Wochen, das wird nicht funktionieren“, sagte Löws Assistent im WM-Spielort am Schwarzen Meer. Die ersten Länderspiele 2018 am 23. März in Düsseldorf gegen Spanien sowie vier Tage später in Berlin gegen Rekordweltmeister Brasilien stuft Schneider als „richtungsweisend für die Weltmeisterschaft“ ein. „Wir spielen gegen zwei der besten Teams der Welt, die auch den Anspruch haben, bei der WM den Titel zu gewinnen. Es wird für uns eine Standortbestimmung sein. Es wird den Status quo der Mannschaft zeigen“, sagte Schneider zur Bedeutung der Freundschaftsspiele.
Es ist zugleich für Löw die einzige Sichtungsmöglichkeit vor der Nominierung des vorläufigen WM-Kaders, den der Bundestrainer am 15. Mai im Dortmunder Fußballmuseum bekanntgeben wird. Maximal 35 Namen dürfen auf der Liste stehen, die tags zuvor der FIFA gemeldet werden muss. Das Aufgebot für die März-Spiele könnte darum laut Schneider größer ausfallen, um noch einmal mehr Spieler im DFB-Kreis zu sehen.
Der 31-jährige Neuer muss nach einem dritten Mittelfußbruch seit einem halben Jahr pausieren. Löws Trainerstab glaubt aber weiterhin fest daran, dass der Bayern-Torwart am 23. Mai mit ins Trainingslager nach Südtirol reisen kann und beim ersten WM-Spiel am 17. Juni gegen Mexiko im Tor steht. „Für die WM sind wir zuversichtlich“, sagte Schneider: „Wenn Manu fit ist, ist er der beste Torhüter der Welt.“
Erst im Testspiel am 2. Juni in Klagenfurt gegen Österreich könnte Neuer sein Länderspiel-Comeback feiern. In dessen Abwesenheit hat sich Marc-André ter Stegen zur aktuellen Nummer 1 entwickelt. „Marc hat einen sensationellen Confed Cup gespielt. In den letzten Monaten hat er beim FC Barcelona nochmal zugelegt und unfassbar gute Spiele gemacht. Er hat sich auch bei uns in der Nationalmannschaft etabliert und super stabilisiert. Er verkörpert absolute Weltklasse. Wir haben auf der Torhüterposition kein Problem“, sagte Schneider.
Bei der letzten Zusammenkunft der 32 WM-Teilnehmer vor dem WM-Start am 14. Juni sprach der 45-Jährige im Tagungshotel stellvertretend für Löw den hohen Anspruch des amtierenden Weltchampions aus. „Das Ziel ist klar: Wir nehmen die Rolle an, wir wollen Weltmeister werden. Wir wollen den Titel erneut. Wir werden gut vorbereitet sein!“
Mit großer Freude registriert die Sportliche Leitung um Löw die positive Entwicklung bei Verletzungspechvögeln wie Marco Reus und Ilkay Gündogan, die jeweils die erste WM-Teilnahme anstreben, aber auch von André Schürrle. „Er hat wieder den Anschluss gefunden und präsentiert sich gut“, sagte Schneider über den Weltmeister von 2014.
Besonders bemerkenswert ist für Schneider, wie rasch Reus nach einem Kreuzbandriss im Knie bei Borussia Dortmund wieder auftrumpft. Das zeige das außergewöhnliche Niveau des Offensivspielers. „Es gibt niemandem in Deutschland, der Marco Reus nach der verpassten WM 2014 und der verpassten EM 2016 es nicht gönnen würde, wenn er in Russland dabei wäre“, sagte Löws Assistent. Reus' Name soll diesmal beim Meldeschluss am 4. Juni als einer von 23 auf der Kaderliste stehen.
Schneider bringt seinem Chef Löw aus Sotschi einige Erkenntnisse mit. Der Videobeweis war ein großes Thema. Er dürfte erstmals bei einer WM zum Einsatz kommen, was die DFB-Trainer begrüßen. „Der Videobeweis kann nicht den Anspruch haben, zu hundert Prozent für Gerechtigkeit zu sorgen oder alle Szenen richtig zu entscheiden. Aber eines ist sicher: Der Videobeweis macht das Spiel gerechter“, so Schneider.
Als weitere Neuheit soll während des Spiels von der Trainerbank aus mit einem Spielanalysten auf der Tribüne kommuniziert werden dürfen. „Die technische Innovation hält im Fußball auch auf der Bank Einzug. Das ist eine Neuerung, die uns Trainern mehr Möglichkeiten gibt“, urteilte Schneider. Vom Workshop in Sotschi reiste er am Mittwoch direkt weiter nach Moskau zum WM-Quartier des DFB in Watutinki. „Es ist alles im Plan beim Hotel, sie sind dort auf der Zielgeraden“, sagte Schneider zu den Baumaßnahmen. Sein Chef wird's gerne hören.