Regionalliga West So kämpft Wattenscheid 09 gegen das endgültige Aus
Bochum · Der Glanz vergangener Bundesliga-Jahre ist nur noch eine schöne Erinnerung. Die Gegenwart für den SG Wattenscheid 09 sieht düster aus. Auch mit ausgefallenen Crowdfunding-Aktionen soll der endgültige Ruin abgewendet werden.
Was waren das seinerzeit doch für goldene Zeiten in der Lohrheide. Von 1990 bis 1994 spielte die SG Wattenscheid 09 in der Fußball-Bundesliga, was Uli Hoeneß als Katastrophe bezeichnet hatte. "Das ist das schlimmste, was der Bundesliga passieren konnte", wetterte der Präsident des FC Bayern München damals. Schlimm wurde es dann aber nur für seinen FC Bayern, der fünf der acht Spiele gegen Wattenscheid nicht gewinnen konnte. Unter Trainer Hannes Bongartz ließen Souleymane Sané und Uwe Tschiskale beim 3:2 und 2:0 die Lohrheide erbeben, in München sorgte Marek Lesniak im Alleingang für ein 3:3.
Ein knappes Vierteljahrhundert später ist dieser Glanz nur noch eine schöne Erinnerung. Die Gegenwart sieht düster aus - sehr düster sogar. Dass das Team von Trainer Farat Toku in der viertklassigen Regionalliga West gegen den Abstieg kämpft, ist das kleinste aller Übel. Viel dramatischer ist die finanzielle Situation. Nach dem Ende des Mäzenatentums von Textil-Unternehmer Klaus Steilmann stand der Verein 2007 schon einmal am Rande der Insolvenz und stürzte nach drastischen Einsparungen bis in die Sechstklassigkeit ab. Jetzt aber könnten im schlimmsten Fall im nächsten Sommer die Lichter komplett ausgehen.
Allein um die Kosten für die laufende Saison zu decken, muss die SG Wattenscheid 09 bis zum 14. Januar rund 350 000 Euro aufbringen. Noch immer warten Spieler sowie Angestellte auf die Überweisung ihrer Gehälter für Oktober und November. Seit zwei Wochen wird versucht, das benötigte Geld mittels Gruppenfinanzierung - dem sogenannten "Crowdfunding" - zusammen zu bekommen. Bisher mit eher mäßigem Erfolg. Obwohl sich mehr als 1400 Unterstützer gefunden haben, konnten erst etwa 90 000 Euro gesammelt werden.
Stürmer-Legende Marek Lesniak blutet das Herz
In seiner Verzweiflung bietet der Bochumer Traditionsclub alle nur erdenklichen Pakete an. Für zehn Euro ist ein "Retter"-Sticker zu bekommen, für 100 Euro darf man am Training teilnehmen und für 500 Euro mit der Mannschaft im Bus zum Auswärtsspiel fahren. Wer 20 000 Euro überweist, der erhält einen Teil der Namensrechte am altehrwürdigen Lohrheidestadion. Selbst die Konkurrenten helfen. So versteigert Rot-Weiß Oberhausen ein von allen Spielern signiertes Trikot. Rot-Weiß Essen bietet für das Rückrundenspiel gegen die SG Wattenscheid 09 am 27. April eine VIP-Loge für neun Personen zum Erwerb an.
"Das alles sind tolle Aktionen. Sie zeigen mal wieder, wie speziell das Ruhrgebiet ist. Auch in Zeiten der Bergbau-Schließung hält der "Pott" zusammen. Das rührt mich", meint Wattenscheids Stürmer-Legende Marek Lesniak. Der in Gummersbach wohnende 54-Jährige würde am liebsten Angriffs-Kumpel Souleymane Sané anrufen und ihn bitten, sein Sohn möge die SG retten. Mit dem was Leroy Sané bei Manchester City verdient, ließen sich wohl alle 90 Viertligisten retten. Doch wie groß die Kluft zwischen Nobel-Elite und Basis ist, beweist schon die Tatsache, dass Wattenscheids reiche Nachbarn Schalke und Dortmund bisher noch keinerlei Hilfsbereitschaft signalisiert haben.
Sollten die 350 000 Euro nicht zusammen kommen, droht dem Verein samt aller Jugend-Abteilungen das endgültige Aus. Der Spielbetrieb würde eingestellt, ein Neubeginn in der Kreisklasse wäre nicht mehr möglich. "Bei dem Gedanken blutet mir das Herz", sagt Lesniak. Doch selbst im Erfolgsfall ist der Pole skeptisch. "In ein paar Monaten wäre das Problem das selbe. Hier kann kein Einzelner helfen, die SG muss eine Unternehmensgruppe übernehmen." Vielleicht ja der FC Bayern München...