Brasiliens „Copa“: Sicherheitseinsatz im WM-Format

Rio de Janeiro (dpa) - Der „FIFA go home“-Protest an Rios Copacabana verlief völlig friedlich, obwohl die Demonstranten die Polizisten mit „Mörder“-Rufen verbal attackierten. Geduldig eskortierten die Sicherheitskräfte die knapp 300 Teilnehmer der Aktion vor einigen Tagen über die Strandpromenade.

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Es waren fast so viele Polizisten und Journalisten bei der Aktion wie Demonstranten. In der Luft brummten Helikopter. Polizisten auf Motorrädern fegten mit Blaulicht über die Bürgersteige. Das Kräfteverhältnis hat sich zugunsten der Polizei verändert und die Botschaft ist klar: Wer hier randaliert, hat schlechte Karten.

In den ersten beiden WM-Wochen wurden bis auf vereinzelte Ausschreitungen in São Paulo keine größeren Zwischenfälle gemeldet. Mit über 170 000 Polizisten und Soldaten demonstriert der Staat zur WM Stärke. Die Stadien werden Stunden vor den Spielen abgeriegelt und nur Fans mit Tickets kommen in den inneren Zirkel, aber auch erst wenn sie mehrere Sicherheitskontrollen passiert haben. Der einzige Eklat geschah in Rios Maracanã-Stadion, als eine Gruppe verzweifelter Chilenen das Pressezentrum in dem legendären Fußballtempel stürmte, um doch irgendwie ins Stadion zu kommen.

Danach wurden die Sicherheitsvorkehrungen massiv verstärkt. Bei einem Spiel im Maracanã, wo am 13. Juli das Finale angepfiffen wird, sind je nach Gefahrenlage über 3000 Beamte der militarisierten Polizei im Einsatz. Zwar sind die „Stewards“ der FIFA für die Sicherheit im Stadion selbst verantwortlich. Doch nach dem Chilenen-Sturm waren erstmals bei der WM auch Polizisten auf dem Stadiongelände. In den abgesperrten Straßen davor marschieren derweil bei jedem Spiel die Hundertschaften auf, die sich weit von den Kameras entfernt versammeln. Aber vor den Stadien ist demonstrativ die berittene Polizei unterwegs, die in langen Eskorten und mit Kavallerie-Trompetenklängen auf sich aufmerksam macht.

Es sind vor allem die „Risiko-Spiele“, die den Behörden Kopfzerbrechen bereiten sowie die Massen von Fans aus Südamerika. Diese sind in großer Zahl angereist, weil viele von ihnen die tausenden Kilometer auf dem Landweg mit dem Auto oder dem Wohnmobil zurücklegten. Die „Hermanos“ aus Argentinien bevölkern zu Zehntausenden die Spielorte, wenn die Albiceleste mit Superstar Messi aufläuft. Aber die wenigsten haben Tickets. Der Schwarzmarkt blüht und die Polizei zieht vor jedem Spiel Dutzende illegale Tickethändler aus dem Verkehr.

An Grenzen und Flughäfen wurden durch internationale Kooperation verdächtige WM-Fans abgefangen. Schon über 30 „Barrabravas“, wie Argentiniens Hooligans genannt werden, musste die Heimreise antreten, bevor sie überhaupt ins WM-Land kamen. Die argentinischen Behörden hatten die brasilianische Seite vor der WM mit entsprechenden Namenslisten der einschlägig bekannten Fußball-Randalierer versorgt. Auch ein mexikanischer Drogendealer ging den Polizisten in Rio ins Netz. Er wollte sich ein Spiel Mexikos ansehen und landete in Abschiebehaft.

Doch während die WM-Kriminalität sich offensichtlich in Grenzen hält, geht die alltägliche Kriminalität weiter. In Rio Armenvierteln, den Favelas, gibt es keine Feuerpause. Dort kam es in den WM-Tagen immer wieder zu Schießereien. Ein Polizist starb nach einen Kopfschuss, zwei mutmaßliche Drogendealer wurden erschossen und ein erst vierjähriger Junge kam ums Leben, als er von einer umherirrenden Kugel in einem Vorort von Rio getroffen wurde. All das innerhalb weniger Tage. Aber das ist trauriger Alltag in Rios Favelas mit oder ohne die von der Regierung propagierte „Copa das Copas“ (Weltmeisterschaft der Weltmeisterschaften).