WM sorgt für Hochkonjunktur bei Fälschern

Nürnberg (dpa) - Der Online-Shop sieht aus wie das Original. Gleiches Logo, gleiche Fotos, gleiche Texte wie beim weltweit bekannten Sportartikelhersteller. Im Angebot: WM-Trikots und aktuelle Fußballschuhe, aber auch normale Sportklamotten und Sneakers.

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Die Preise sind günstig, aber nicht billig.

Doch wer bei den Schnäppchen zuschlägt, bekommt statt der erwarteten Markenqualität lediglich Ramsch. Gerade jetzt, während der Fußball-WM, haben Fälschungen von Sportartikeln Hochkonjunktur. Die Hersteller kämpfen schon lange nicht mehr nur gegen Strandverkäufer, sondern sehen sich hoch professionellen Betrügern gegenüber.

„Wer ein Trikot 1:1 nachmachen kann, kann auch eine Webseite 1:1 nachmachen“, berichtet Neil Narriman. Der 41-Jährige ist Leiter der Puma-Abteilung Gewerbliche Schutzrechte und hat bei Razzien schon so manche Fälscherwerkstatt von innen gesehen. Derzeit beschäftigen sich die Juristen verstärkt mit gefälschten Online-Shops. „Tagtäglich werden Hunderte Webseiten allein auf unser Betreiben hin vom Netz genommen, damit Verbraucher nicht auf diesen Betrug reinfallen“, schildert Narriman.

Jahr für Jahr werden zudem sechs bis sieben Millionen nachgemachte Puma-Produkte aus dem Verkehr gezogen. Bei Adidas, der weltweiten Nummer Zwei der Branche, waren es zuletzt sogar zwölf Millionen. Der dadurch entstandene Schaden lässt sich gar nicht erst beziffern, denn neben den entgangenen Einnahmen spielten auch abgeschreckte Kunden und vor allem ein Vertrauensverlust in die Marke eine Rolle. Adidas-Chef Herbert Hainer findet deshalb klare Worte: „Produktpiraterie ist kein Kavaliersdelikt!“

Wie die anderen Hersteller arbeitet auch Adidas mit dem Zoll zusammen. Die Beamten werden genau geschult: Sind die Sterne auf der Brust des DFB-Trikots geklebt, gedruckt oder gestickt, welcher Stoff wird unter den Achseln und welcher am Rücken verwendet, sind die drei Streifen auf der Schulter auch aufgenäht?

Dass der Aufwand Früchte trägt, zeigt eine konzertierte Aktion kurz vor dem Start der laufenden Weltmeisterschaft: In allen WM-Städten, sämtlichen brasilianischen Häfen sowie in den Häfen der Nachbarländer zogen frisch geschulte Fahnder los und beschlagnahmten rund 100 000 Produkte. Doch die Dimensionen sind noch größer: Mehr als 500 000 nachgemachte WM-Fanartikel stellten allein die Grenzbeamten der südchinesischen Stadt Shenzhen in den vergangenen Wochen sicher.

„Wenn ein Großereignis stattfindet, gibt es einen Anstieg vor allem bei den Trikots“, bestätigt Marion Gottfried von der Zentralstelle Gewerblicher Rechtsschutz bei der Bundesfinanzdirektion. Doch auch ohne WM oder EM hätten die Beamten genug zu tun. „Die Plagiatoren machen grundsätzlich vor nichts halt, da sind die Trikots sämtlicher Vereine sämtlicher Nationen betroffen.“

Ungefähr die Hälfte aller Aufgriffe sind Kleinsendungen im Postverkehr, wie es die Zoll-Statistik im Behördendeutsch vermerkt. Im Klartext: Viele Bestellungen, die die Kunden bereits per Kreditkarte an Lieferanten im Ausland bezahlt haben, kommen nie an. Denn ein kleines, womöglich noch dazu weiches Päckchen aus China an eine deutsche Privatadresse fällt den erfahrenen Zöllnern sofort ins Auge - und wird bei bestätigtem Verdacht eingezogen.

Gefälscht wird die komplette Produktpalette der Sportartikelhersteller: Taschen, Schuhe, Socken und Mützen. „Es wird immer noch sehr viel in China gefälscht, aber es werden immer mehr Länder“, schildert Narriman. In Vietnam, Bangladesch, Indonesien oder auch der Türkei werden vermehrt Fälschungen produziert, aber auch in Südamerika fällt das zunehmend auf.

Wo die meisten Fakes gekauft werden, verlagert sich immer wieder - je nachdem, wo eine Marke gerade besonders beliebt ist. Für die Unternehmen ist das ein andauernder Kampf. „In vielen Ländern existieren alle erforderlichen Gesetze, sie werden aber nicht in allen Fällen von Staatsanwälten oder Richtern so angewandt, dass man zügige, effiziente Prozesse führen kann“, klagt Narriman. Zumal das Plagiats-Business in einigen Ländern ein wichtiges Standbein der Wirtschaft sei. „Inzwischen wird mehr Geld mit Fälschungen gemacht als mit Drogen. Da sind außerdem die Margen höher.“