Muttis Mannschaft

Berlin (dpa) - Angela Merkel, die Trainerin. Umringt von den Spielern der deutschen Fußballnationalmannschaft nach ihrem 4:0-WM-Auftakt gegen Portugal in Brasilien. Die 59-Jährige in rotem Blazer, weißer Hose - wie farblich abgestimmt mit dem Outfit der Kicker.

Bastian Schweinsteiger und Mesut Özil noch mit einem schwarz-rot-goldenen Handtuch um die Schultern. Alle strahlen. Das perfekte Foto. Aufgenommen von dem Fotografen der Bundesregierung Guido Bergmann. In der Kabine der Spieler.

Grundsätzlich undenkbar im Männerfußball dieser Klasse, dass eine Frau mittendrin ist. Für die Kanzlerin in diesen Wochen wohl die denkbar beste Werbung. Mag ihr Spitzname im politischen Berlin oft unzutreffend sein - hier wirkt die Botschaft eindeutig: Das ist Mutti. Und das ist ihre Mannschaft.

Bundestrainer Joachim Löw sagt: „Wir freuen uns immer, wenn sie in die Kabine kommt.“ Ein Kabinenfoto hatte aber auch schon einmal für Ärger gesorgt. Das war 2010 nach dem 3:0-Sieg gegen die Türkei. Merkel hatte ohne Beisein des damaligen DFB-Chefs Theo Zwanziger dem deutsch-türkischen - und halbnackten - Jungstar Özil die Hand geschüttelt. Zwanziger fühlte sich erstens übergangen und sah zweitens den DFB in der Debatte um Migranten politisch benutzt.

Diesmal, nach dem Sieg gegen Portugal, ist der dreifache Torschütze Thomas Müller mit bloßen Oberkörper auf dem Mannschaftsfoto zu sehen. Er hatte Merkels Ansprache in der Kabine verpasst („Da war ich leider beim Duschen“). Aber als Star des Spiels wollte er wenigstens mit aufs Bild. Mehr Sympathie-Punkte für Merkel, die international derzeit vor allem im Ringen um den nächsten EU-Kommissionspräsidenten wahrgenommen wird, gehen kaum.

Und wer die Spiele der Deutschen auf öffentlichen Plätzen oder in Kneipen schaut, kann erleben, wie plötzlich eine Menge „Angie, Angie“ ruft, wenn die Kamera auf die VIP-Tribüne schwenkt und Merkel in den Fokus nimmt. Wen interessieren da die Schlappen von Merkels CDU bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen? Oder das enttäuschende Ergebnis der Union bei der Europawahl? Oder die Probleme bei der Energiewende? Oder, oder, oder.

Manche fragen sich, was so eine Reise der Kanzlerin kostet. Genaue Angaben macht die Regierung nicht. Es sind wohl mehrere Zehntausend Euro für die knapp 24 Stunden Aufenthalt in Brasilien. Die einen finden, das sei eine Lustreise, so mal eben nach Südamerika zu jetten, um sich das erste Spiel der Deutschen anzusehen. Immerhin hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) das Spiel verpasst, weil er im Flieger zu einem anderen Ort der Welt saß.

Die anderen sagen, in 48 Stunden um die halbe Welt, so gut wie ohne Schlaf samt Vereinbarungen mit der Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff über von nun an regelmäßige Regierungskonsultationen beider Länder sei kein Vergnügen. Merkel reist immer mit engstem Terminplan ins Ausland und dann zurück in den Alltag. Erholung geht anders.

Lukas Podolski hat stolz ein Foto von sich und Merkel verbreitet und verraten, was Regierungssprecher Steffen Seibert so nie getan hätte: „Sie hat gesagt, dass sie zum Finale wiederkommt.“ Wenn Deutschland ins Endspiel kommt, versteht sich.