Prandelli: Balotelli wird „bereit sein“ für WM
Mangaratiba (dpa) - Schöner Fußball und Erfolg - das gehört für Cesare Prandelli zusammen. „Wenn man ein Team hat, dass keinen guten Fußball spielt, ist es schwer, bei so einem langen Turnier erfolgreich zu sein“, sagte der italienische Nationaltrainer vor Beginn der Fußball-WM der dpa.
Außerdem erklärt der 56-Jährige vor Beginn der Fußball-WM in Brasilien im Interview der Nachrichtenagentur, wie er die starke Vorrundengruppe der Italiener einschätzt, was er über seinen Stürmerstar Mario Balotelli denkt und warum er einem Duell mit der deutschen Mannschaft unbedingt aus dem Weg gehen möchte.
Vor zwei Jahren hat Italien das EM-Finale gegen Spanien mit 0:4 verloren. Würde es so ein Ergebnis dieses Jahr noch einmal geben?
Cesare Prandelli:Wir wollen gut vorbereitet in die WM starten und alle Details berücksichtigen, auf die wir bei der EM 2012 nicht geachtet haben. Dort hatten wir ein Spiel nach dem anderen und waren am Ende möglicherweise unterbewusst zu zufrieden. Stattdessen müssen die Spieler die Chance haben, sich zu erholen und zur Ruhe zu kommen.
Also würde es keine 0:4-Niederlage gegen Spanien mehr geben?
Prandelli:Nichts ist unmöglich im Fußball, aber ich wünsche mir, dass das nie wieder passiert.
Was wäre bei der WM ein Erfolg und was eine Katastrophe für Italien?
Prandelli:Ich bin es gewohnt, positiv zu denken. Für uns wird es eine sehr wichtige, aber auch schwierige WM. Um zu gewinnen, muss man in der Lage sein, gut zu spielen. Wenn man ein Team hat, dass keinen guten Fußball spielt, ist es schwer, bei so einem langen Turnier erfolgreich zu sein. Vielleicht hat man in einigen Spielen Glück, aber man braucht die richtige Organisation und Mentalität.
Wer ist Ihrer Meinung nach der gefährlichste Gegner: England, Uruguay oder Manaus?
Prandelli:Gefährlich sind England, Uruguay und Costa Rica. Niemand spricht über Costa Rica, aber sie werden sicherlich ein gutes Turnier spielen. Manaus ist kein Problem. Wir sind neugierig aber auch fasziniert, nur wenige Mannschaften können sagen, eine WM in Manaus im Amazonas-Gebiet gespielt zu haben. Es wird Schwierigkeiten geben, aber wir müssen uns darauf vorbereiten.
Wer ist aus Ihrer Sicht der härteste Gegner in der schweren Vorrundengruppe?
Prandelli:Es wird sehr schwierig. Normalerweise sind wir Italiener sehr gut auf Schwierigkeiten vorbereitet, aber es ist eine sehr ausgeglichene Gruppe. Alle Teams haben ihre Stärken. England hat sich enorm weiterentwickelt, sie haben starke junge Spieler dazu bekommen. Sie sind körperlich stark und spielen mit Charakter. Costa Rica ist eine Mannschaft, über die niemand spricht, die wir aber sehr ernst nehmen. Sie haben einige sehr starke Spieler. Uruguay hat meiner Meinung nach den vielleicht besten Sturm bei der WM. Ich sehe keine zwei anderen Spieler wie diese beiden in einem anderen Team.
Wird das erste Spiel gegen England schon entscheidend sein?
Prandelli:Ich denke nicht. Die Geschichte hat gezeigt, dass Spanien bei der letzten WM sein Auftaktspiel gegen die Schweiz verloren und dann den Titel geholt hat. Ich würde jetzt unterschreiben, wenn wir das gleiche schaffen, aber ich erinnere daran, dass damals jeder dachte, Spanien sei schon ausgeschieden. Aber natürlich kann das erste Spiel einen Vorteil über die drei Punkte hinaus liefern.
Balotteli wird oft als Verrückter bezeichnet, Sie haben gesagt, er braucht Liebe.
Prandelli:Die Wahrheit ist, dass auch Verrückte Liebe brauchen. Mario hat sich bei uns immer gut benommen. Neben den Platz liefert er oft Anlass zu Debatten und spaltet die öffentliche Meinung in Italien. Einige stehen nicht mehr hinter ihm, für andere ist er ein Idol. Ich bin sicher, dass er bereit sein wird für diese WM.
Es wird viel darüber geschrieben, dass Italien den schönen und offensiven Fußball wieder entdeckt hat.
Prandelli:Wir haben diese Gedanken und Anerkennungen überall in der Welt gehört. Etwas weniger in Italien, weil Italiener mehr auf die Ergebnisse schauen. Deshalb ist es schwierig, einen Fußball zu bieten, der schön anzuschauen ist, aber ich bin überzeugt, dass man auch durch eine schöne Spielweise zu Ergebnissen kommen kann.
Wie schätzen Sie die Chancen Deutschlands bei der WM ein?
Prandelli:Für mich sind Brasilien, Spanien, Deutschland und Argentinien die vier stärksten Teams. Deutschland hat eine starke Mentalität, ist sehr entschlossen, wie Deutsche sind. Aber sie haben auch die Fantasie neuer Deutscher, die in Deutschland geboren wurden, aber türkische oder andere Wurzeln haben. Diese Spieler haben Ideenreichtum gebracht und einen anderen Weg, Spiele zu entscheiden.
Aber für Italien ist Deutschland eigentlich ein guter Gegner - die letzte Niederlage liegt schon fast 20 Jahre zurück.
Prandelli:Wir wollen nicht gegen Deutschland spielen, so etwas geht nicht immer gut. Ich weiß, dass wir lange nicht gegen sie verloren haben, aber es gibt immer ein erstes Mal und ich möchte nicht der Erste sein. Ich wünsche mir absolut nicht, auf Deutschland zu treffen, weil sie eines der stärksten Teams sind.
ZUR PERSON:Cesare Prandelli (56) hat die italienische Nationalelf nach dem Vorrunden-Aus bei der Fußball-WM 2010 übernommen und das Team seitdem unter anderem zu einem zweiten Platz bei der EM 2012 geführt. Zuvor hatte der aus der Lombardei stammende Italiener unter anderem die Serie-A-Clubs AC Florenz und FC Parma trainiert. Als Spieler ist Prandelli unter anderem in den 80er Jahren dreimal italienischer Meister mit Juventus Turin geworden.