Wundenlecken in Mainz - Tuchel gefordert

Frankfurt/Main (dpa) - Die Spieler blamiert, der Trainer konsterniert und die Fans frustriert: Das peinliche Aus in der Europa-League-Qualifikation hat beim FSV Mainz 05 für Ernüchterung und Entsetzen gesorgt.

Nach der überraschenden Niederlage im Elfmeterschießen bei den zweitklassigen Rumänen von Gaz Metan Medias mussten sich die auf ganzer Linie enttäuschenden Profis von wütenden Anhängern erstmals wüste Beschimpfungen gefallen lassen.

„Sie haben gerufen: Haut ab, ihr Penner. Es ist eine schwierige Situation für uns alle“, berichtete Torwart Heinz Müller. „Das kann ich absolut nicht verstehen. Natürlich sind alle enttäuscht. Die Mannschaft hat alles versucht, am Ende aber in der Lotterie Elfmeterschießen verloren. Mehr ist nicht passiert“, sagte FSV-Präsident Harald Strutz zu den unschönen und in Mainz bislang unbekannten Schmährufen.

Ganz so einfach stellt sich die Situation allerdings nicht dar, denn nach dem Höhenflug in der Vorsaison weht den Rheinhessen ein kräftiger Gegenwind ins Gesicht. Zwei Tage vor dem Saisonstart in der Fußball-Bundesliga gegen Bayer Leverkusen hängt der Mainzer Haussegen schief, weil die neu formierte Mannschaft den im Umfeld gestiegenen Ansprüchen bisher nicht einmal in Ansätzen gerecht geworden ist. „Mit dieser Situation müssen wir erst einmal umgehen. Die Stimmung ist sehr gedrückt“, sagte Trainer Thomas Tuchel nach der bitteren Pleite.

Von Resignation war am Tag danach jedoch nichts zu spüren. „Es ist keine Blamage gewesen. Niemand braucht Mitleid“, sagte Tuchel am Freitag. Auch Manager Christian Heidel wollte nichts von einer Untergangsstimmung wissen: „Es gibt keinen Grund zur Depression.“

Allerdings war nicht nur ihm unerklärlich, wie sich der Bundesligist den Trumpf des Führungstores von Marcel Risse (31.) noch aus der Hand nehmen lassen konnte. Statt den Sack zuzumachen, kassierten die Mainzer wie im Hinspiel den Ausgleich durch Thaer Bawab (62.) und hatten vom Punkt die schlechteren Schützen. Sami Allagui und Elkin Soto versagten die Nerven.

„Uns fehlen die letzten zehn Meter im Spiel. Wir müssen lernen, diese Gier, diese Konsequenz zu entwickeln, denn Tore beeinflussen ein Spiel natürlich maßgeblich. Wir kriegen einfach keine Ruhe rein und keine Erfolgserlebnisse, wenn wir uns die letzten zehn Meter so schwertun“, kritisierte Tuchel.

Der Erfolgscoach ist nun gefordert, die Mannschaft schnell in die Spur zu bringen, um in der Bundesliga nicht gleich unter Druck zu geraten. Denn mittlerweile prophezeien viele Experten den Mainzern eine sportlich ganz schwierige Saison. „Wir freuen uns, in dieser Serie wieder mal alle Experten zu widerlegen“, konterte Heidel.

Das erstmalige Scheitern einer deutschen Mannschaft in der Qualifikation der Europa League - inklusive des Vorgänger-Wettbewerbs UEFA-Cup - trifft auch die Bundesliga hart. Denn die Mainzer fehlen nun als Punktesammler für die UEFA-Fünfjahreswertung, in der sich Deutschland gerade erst den dritten Rang und damit einen vierten Startplatz für die Champions League ab der Saison 2012/13 erkämpft hat.

Die Mainzer hakten dies schnell ab. „Wir müssen jetzt in der Bundesliga die Kurve kriegen“, appellierte Abwehrspieler Niko Bungert an seine Mitspieler. Und Tuchel verkündete mit Blick auf den Sonntag: „Alle wissen, dass es schwer wird. Aber wir wollen gegen Leverkusen den Sieg.“