Attacke auf WSV-Stürmer Christopher Kramer - Täter verurteilt
Wuppertals Mittelstürmer Christopher Kramer war in einer Kieler Diskothek beschimpft und geschlagen worden. Das dortige Amtsgericht hat den Täter jetzt zu 1200 Euro Geldstrafe verurteilt.
Kiel. Als der mehrfach vorbestrafte Kieler Holstein-Fan den zum Nordrivalen VfB Lübeck gewechselten Ex-Holstein-Stürmer Christopher Kramer zufällig an der Bar einer Kieler Diskothek entdeckt, sieht er Rot: Im März 2016 beleidigt er den heute für den Wuppertaler SV aktiven Mittelstürmer (28) als „Verräter-Schwein“ und „Scheiß Lübecker“, versetzt ihm einen Faustschlag ins Gesicht. Am Mittwoch musste sich der Kieler Hooligan (25) wegen Körperverletzung vor dem Amtsgericht verantworten.
Weil der früher schon als gewalttätig aufgefallene Angeklagte zur Tatzeit mit 2,5 Promille alkoholisiert war, verurteilt ihn der Richter wegen vorsätzlichen Vollrauschs zu 1200 Euro Geldstrafe (40 Tagessätze á 30 Euro). Die Körperverletzung sei dem Holstein-Fan nicht anzulasten, so die Begründung. Infolge seines hohen Alkoholpegels war der Angeklagte laut Urteil schuldunfähig.
Gleichzeitig habe der selbst als Hobbyfußballer aktive Lagerarbeiter gewusst, dass er unter Alkohol zu aggressiven Ausfällen neige. Sein Vorstrafenregister weist elf Eintragungen auf, unter anderem wegen Landfriedensbruchs, Widerstands, Bedrohung, Beleidigung und Sachbeschädigung. Am MIttwoch berief sich der Angeklagte auf einen „Filmriss“. Er habe keinerlei Erinnerung an den Vorfall. Das Urteil nahm er an.
Der damals leicht verletzte Christopher Kramer (28) reiste am Mittwoch aus Nordrhein-Westfalen zur Zeugenaussage an. Der Fußballprofi war nach nur einjährigem Gastspiel beim VfB Lübeck zum SV Wuppertal gewechselt. Noch am Abend vor dem Gerichtstermin hatte er beim Auswärtsspiel seiner Mannschaft das 2:0 gegen die U23 der Borussia Mönchengladbach erzielt - sein zehntes Saisontor.
Noch in der Nacht machte sich der gebürtige Kieler auf den Weg in den Norden, wo seine Eltern, Geschwister und zahlreiche Freunde leben. Der Angeklagte, bestätigte Kramer am Mittwoch vor Gericht, habe ihn in der Diskothek in den Schwitzkasten genommen und immer fester zugedrückt. Durch seine Gegenwehr seien sie beide zu Boden gegangen.
Mehrere unbekannte Begleiter des Angreifers hätten ihn hochgerissen, von hinten gepackt und gewürgt. Kramer war nach eigenen Angaben wehrlos, als der Angeklagte mit der rechten Faust zuschlug. Ein unbeteiligter Gast (31) wollte ihm beistehen. Der Zeuge bekam ungeachtet seiner Kraftsportler-Figur ebenfalls einen Faustschlag ins Gesicht.
Seit seinem Wechsel zum VfB Lübeck hatte Kramer in seiner Heimatstadt einen schweren Stand. Die letzten Pöbeleien von Holstein-Fans bekam er dort vor einem halben Jahr zu hören. Dabei hatte er Holstein bereits 2013 verlassen. Danach spielte er zwei Jahre in Neumünster, bevor er zum Nordrivalen nach Lübeck wechselte. Dort warf Kramer allerdings gleich beim Schleswig-Holstein-Pokalfinale mit dem 1:0-Siegestreffer den KSV aus dem Turnier. Holstein Kiel soll dadurch eine sechsstellige Summe entgangen sein.
Die am Mittwoch vor Gericht verhandelte Attacke war nicht der einzige Überfall gewaltbereiter Fans. Schon im August 2015 war Kramer Opfer einer brutalen Attacke in einem Billard-Salon an der Bergstraße geworden. Acht Gegner hätten ihn und seinen Bruder angegriffen, als „Verräter“ beschimpft, mit Billardkugeln und Gläsern verletzt. „Wir waren umzingelt“, erinnert sich Kramer. „Einer zog ein Messer und rief ´Wir töten dich jetzt!´“, Die Polizei habe damals vier Täter ermittelt, zu einem Prozess sei er noch nicht geladen worden.
Kramer macht keinen Hehl daraus, dass die bis heute anhaltenden Vorwürfe auf offener Straße zu seinem Entschluss beigetragen haben, zum Wuppertaler SV zu wechseln. Vier massive körperliche Übergriffe und zahlreiche Pöbeleien in Kiel hätten ihm zugesetzt. In Nordrhein-Westfalen fühle er sich wohl, sagt der Mittelstürmer. Kramer lobt die Fankultur. Statt Prügelattacken sei er hier den Autogrammwünschen begeisterter Kinder und Jugendlicher ausgesetzt. Ausdrücklich betont der 28-Jährige den „Super Zusammenhalt“ in der Mannschaft. „Der ist umso wichtiger, wenn man so weit weg von der Heimat spielt.“