Der WSV-Trainerstuhl - ein Schleudersitz

Die Trennung von Karsten Hutwelker bedeutet den 21. Wechsel des Coachs in 20 Jahren, den elften vorzeitigen.

Wuppertal. Am Donnerstagmorgen hat der Wuppertaler SV Hans-Günter Bruns als neuen Cheftrainer vorgestellt. Damit ist der 21. Trainerwechsel in den 20 Jahren der Ära von Präsident Friedhelm Runge perfekt.

Also wieder mal ein neues Gesicht - was nicht selbstverständlich ist. Denn die 21 Trainerwechsel bedeuten 18 unterschiedliche Trainer, da Wolfgang Jerat zweimal und Uwe Fuchs einmal zum WSV zurückkehrten. Eine Praxis, die übrigens auch in der Vor-Runge-Zeit gepflegt wurde, ist doch auch beispielsweise Rolf Müller dreimal Trainer des WSV gewesen.

Das Trainerkarussell drehte sich unter Runge allerdings deutlich schneller. Bis 1991 hatte es seit Gründung des WSV 1954 in 37 Jahren 27 Trainerwechsel gegeben, mit 21 Trainern. Zu oft klafften Anspruch und Wirklichkeit auseinander, so dass die Trainer, vor allem in den vergangenen Jahren fast automatisch unter Druck kamen, allerdings auch nicht immer eine glückliche Figur abgaben.

Der Schnellste: Dem aktuell abgelösten Karsten Hutwelker wird die zweifelhafte Ehre zu Teil, mit nur acht Liga-Partien das kürzeste Gastspiel unter Runge gegeben zu haben, sieht man einmal von Holger Fach ab, der in der Vorbereitung auf die Saison 2002 nach zwei Wochen wieder absagte. Nach dem Zwangsabstieg in die damalige Oberliga-Nordrhein sollte er eine neue Mannschaft aufbauen, sah dann aber vereinsintern zu viele Reibungspunkte.

Der Jüngste: Der jüngste Trainer unter Runge war Karsten Hutwelker nicht. Das war Wolfgang Jerat, der erst 35 Jahre alt war, als er 1990 die Mannschaft in der Oberliga (damals dritthöchste Spielklasse) übernommen hatte. Jünger als Hutwelker waren bei Amtsantritt auch Roman Geschlecht (37), Michael Lorkowski (38) und Georg Kreß (39).

Der Erfolgreichste: Der jüngste, Jerat, darf auch als der erfolgreichste gelten. In seinem dritten Trainerjahr schaffte er 1992 mit dem WSV mit einer 8:0-Punkte Bilanz in der Aufstiegsrunde den langersehnten Sprung in die 2. Bundesliga, erhielt von Runge aber keinen neuen Vertrag mehr.

Bei seinem dritten WSV-Intermezzo sorgte Jerat dann sogar bundesweit für Aufsehen, als er mit dem WSV in der Winterpause auf Tabellenplatz eins stehend im Anschluss an das rauschende DFB-Pokalspiel gegen Bayern München vor 60.000 Menschen auf Schalke (WSV-Allzeit-Rekord) entlassen wurde. Disziplinlosigkeiten und Dispute mit der Mannschaft führte Friedhelm Runge damals als Begründung an, holte den erfahrenen Wolfgang Frank — und scheiterte am Ziel Aufstieg.

Die „Freiwilligen“: Wolfgang Frank gehört zu den Trainern — wie etwa zuletzt auch Michael Dämgen — die wegen unterschiedlicher Auffassungen mit dem Vorstand selbst nicht verlängerten. Auch Georg Kreß, lange beliebtester Wuppertaler Trainer, fällt in diese Kategorie, wobei seine Krankmeldung zu Beginn der Vorbereitung 2004 kuriose Züge trug. Sein Denkmal als Aufstiegstrainer 2003 zertrümmerte er regelrecht, als Runge ihn 2008 als Sportdirektor für den entmachteten Achim Weber zurückholte — mit bescheidenem Erfolg.

Die Entlassenen: Hutwelker steht für den elften vorzeitigen Trainerwechsel in der Runge-Ära, wobei Uwe Fuchs gleich zweimal beurlaubt wurde, sich bei seinem ersten Abschied erfolgreich zurückklagte, dann aber mit dem WSV auf die Zahlung seines Restgehalts einigte.

Die Ausdauerndsten: Fuchs ist mit drei Jahren und sieben Monaten derjenige mit der längsten Trainerzeit in der Ära Runge. Die längste Phase am Stück überstand Frantisek Straka mit zwei Jahren und fünf Monaten, knapp gefolgt von Werner Fuchs, bekanntlich Onkel von Uwe Fuchs. Rekordhalter in der WSV-Geschichte bleibt Horst Buhtz, der für die erfolgreiche Erstliga-Zeit des WSV steht und von 1968 bis 1974 mehr als sechs Jahre auf der Trainerbank beim WSV saß. Das klingt nicht nur deshalb wie aus einer anderen Zeit.