Wuppertaler SV WSV-Verwaltungsrat: Vorsitzender schmeißt hin

Wuppertal · Erdrutsch im Verwaltungsrat des Wuppertaler SV. Nachdem die Nachwahl von Andreas Mucke, Karsten Schaudinn, Stephan A. Vogelskamp und Helmut Lepiorz für unwirksam erklärt worden ist, sieht der Vorsitzende des Gremiums für sich keine Basis mehr. Hinzu kämen Anfeindungen gegen seine Person. Weitere Rücktritte folgten.

Christian Vorbau (r.) wurde bei der Jahreshauptversammlung vor eineionhalb Jahren in den Verwaltungsrat gewählt und von dessen damaligen Mitgliedern zum Vorsitzenden bestimmt. Jetzt tritt er zurück.

Foto: WZ/Otto Krschak

Erdbeben im WSV-Verwaltungsrat infolge der nach einem Vergleich vor dem Amtsgericht am Montag unwirksam gewordenen Wahl neuer Vertreter. Der Verwaltungsratsvorsitzende Christian Vorbau hat sein Amt am Mittwoch niederlegt, später folgten nach WZ-Informationen auch Dennis Jung und Felix Blaschke. Bei nun nur noch vier Mitgliedern ist laut Satzung vom Vorstand unverzüglich eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, was sich in der Pandemie schwierig gestaltet.

Vorbei begründet seinen Schritt mit fortgesetzten Anfeindungen gegen seine Person und damit, dass sein Versuch, mit Ex-Oberbürgermeister Andreas Mucke, Marc Schulz, Wirtschaftsförderer Stephan A. Vogelskamp, Hans-Uwe Flunkert und Anwalt Karsten Schaudinn ein Netzwerk für die Mitarbeit im Verein zu gewinnen, vorerst unmöglich geworden sei. Sie hätten ihm gegenüber erklärt, sich in der jetzigen Situation und vor der Jahreshauptversammlung nicht wieder aufstellen zu lassen. Vorbau: „Damit macht es auch für mich derzeit keinen Sinn mehr. Ich wünsche denen, die weiter in der Verantwortung sind, eine glückliche Hand für den Verein.“

Wie berichtet, hatten die Verwaltungsräte Harald Lucas, Norbert Müller und Ralf Dasberg die im Dezember per Umlaufbeschluss erfolgte Wahl von Mucke, Vogelskamp, Schaudinn und Helmut Lepiorz vor Gericht wegen Formfehlern angefochten. Lucas habe am Dienstag ein erneutes Misstrauensvotum im Verwaltungsrat gegen ihn angekündigt, so Vorbau. Er wolle dem WSV auch in Zukunft nicht den Rücken kehren und bei einer Jahreshauptversammlung in einem möglichen Team mit Mucke & Co wieder antreten.

Für eine Nachwahl für den Verwaltungsrat hatten sich zuletzt als Kandidaten noch der seit Jahren mit Friedhelm Runge zusammenarbeitende Rechtsanwalt Jochen Leonhardt, Marcus Harzen, Sascha Merten aus dem Umfeld von Ex-Vorstand Wolfgang Zerrath sowie Ex-Verwaltungsrat Bernd Gläßel aufstellen lassen. Wie die derzeitige personelle Notlage im Verwaltungsrat aufgelöst werden kann, war am Mittwoch noch unklar. gh

Die Erklärung von Christian Vorbau im Wortlaut:

Liebe Mitglieder und Anhänger des Wuppertaler SV,

bei der letzten, regulären Jahreshauptversammlung wurde ich von den Mitgliedern des Vereins in den Verwaltungsrat und sodann zum Vorsitzenden des Gremiums gewählt. Ich habe dieses Amt in einer Zeit übernommen, in der der Verein in sehr schwere Fahrwasser geraten war und im Grunde wöchentlich neu überlegt werden musste, wie eine Zahlungsunfähigkeit und somit eine Insolvenz abgewendet werden kann.  

 Für mich war es ein Herzanliegen mich für unseren Verein zu engagieren, bei der finanziellen Konsolidierung mitzuwirken und zu versuchen, den Wuppertaler SV neu, sympathisch und finanziell unabhängig aufzustellen und endlich wieder in der Stadtgesellschaft zu verankern, so wie es auch im Sommer noch von unserem Vorstand als Ziel ausgegeben wurde.

Um das zu erreichen, habe ich versucht, namhafte Persönlichkeiten aus der Stadt für den Verwaltungsrat des Vereins zu gewinnen, deren Netzwerke uns helfen sollten, diesen Neuanfang in die Tat umzusetzen. Mit unserem ehemaligen Oberbürgermeister Andreas Mucke, dem ehemaligen Bürgermeister Marc Schulz, dem Betriebsleiter des städtischen Gebäudemanagements (immerhin Besitzer des Stadions) Dr. Hans-Uwe Flunkert, dem bergischen Wirtschaftsförderer Stephan Vogelskamp und dem Rechtsanwalt Dr. Karsten Schaudinn ist mir das aus meiner Sicht auch gelungen. Ich bin diesen Personen sehr dankbar, dass sie bereit waren, sich und ihre Reputation für den Verein zur Verfügung zu stellen.

 Leider haben Teile des Verwaltungsrates und auch der Vorstand die Chance, die dieses Angebot bedeutet hat, nicht gesehen. Vielmehr wurde von Teilen des Verwaltungsrates formale Dinge ins Feld geführt, die die Nachwahl ungültig machen sollten. Ich bin bis heute davon überzeugt, dass die Wahl zulässig war, möchte aber auch um Verständnis dafür werben, dass Abstimmungen, die sonst vollkommen unkompliziert ablaufen, unter Corona-Bedingungen etwas schwieriger umzusetzen sind. In jedem normalen Verein, in dem an einem Strang gezogen wird, wären solche Probleme lösbar gewesen. Beim WSV, wo Mitglieder lieber vor Gericht ziehen als an Klärungsgesprächen teilzunehmen, ist das offensichtlich leider nicht der Fall.

 Wie Anfang der Woche öffentlich nachzulesen war, hat der Hauptsponsor des Vereins erklärt, seine Unterstützung nur weiter zu führen, wenn ich meinen Posten räume. Seit diese Forderung im letzten Jahr Vereins-intern erhoben wurde, wird von besagten Teilen des Verwaltungsrates um den stellvertretenden Vorsitzenden herum gegen mich auf einer teilweise sehr persönlichen Ebene agiert. Nachdem dies nun auch öffentlich gemacht wurde, nach den Indiskretionen der letzten Wochen und nach dem Ergebnis von Montag sehe ich keine Basis für eine konstruktive Zusammenarbeit und kann diesem Gremium nicht mehr vorstehen. Daher trete ich als Mitglied des Verwaltungsrates zurück.

Es ging mir zu keinem Zeitpunkt darum, gegen einzelne Personen zu agieren oder Engagement zu verhindern. Mir ging es darum, die Rechte der Mitglieder zu wahren und den Verein breit aufzustellen. Und ich werde mich auch weiterhin für den Verein engagieren, nur in diesem Verwaltungsrat sehe ich leider keine gemeinsame Basis mehr.

Rückbetrachend möchte ich mich bei Alexander Eichner bedanken, mir ist leider erst im späten Verlauf meiner Amtszeit klar geworden, dass viele seiner Ansätze das Potenzial hatten, den Verein zukunftsfähig aufzustellen.  

Ich hoffe sehr, dass das aktuelle Gegeneinander im Verein endlich ein Ende hat, der WSV bald zur Ruhe kommt und endlich wirklich an Konzepten gearbeitet wird, wie man die Zukunft des Clubs ohne finanzielle Abhängigkeiten gestalten kann.

 Mit freundlichen Grüßen

 Christian Vorbau