Handball-WM 2019 Handball-WM - Warum die Abwehr so wichtig für das deutsche Team ist

Düsseldorf · Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler bilden in der deutschen Handball-Nationalmannschaft ein Abwehr-Bollwerk. Ihr Erfolgsweg führte sie zu Beginn der Karriere auch über den Bergischen HC. Auf dem Weg ins Halbfinale spielen sie eine wichtige Rolle.

Wenn es bei ihnen stimmt, ist viel gewonnen: Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler im Spiel gegen Brasilien.

Foto: imago/Philipp Szyza/Philipp Szyza

Halbfinale ist das erklärte Ziel der deutschen Handball-Nationalmannschaft bei der aktuell laufenden Weltmeisterschaft. Ein ambitioniertes Ziel, schließlich fehlt durch den verletzungsbedingten Ausfall von „Wurfmaschine“ Julius Kühn im Angriff der Garant für einfache Treffer. Wenn demnach weniger Treffer für einen Sieg reichen sollen, dann muss die Abwehr eben sehr

gut stehen. Und in der Tat packt das Team von Bundestrainer Christian Prokop vor dem eigenen Tor bisher kräftig zu.

 Besonders zwei Spieler des THW Kiel stechen heraus. Selbst im Duell mit Weltmeister Frankreich ließen Patrick Wiencek und Hendrik Pekeler nur ganz wenig zu. „Lediglich zehn Gegentore vor der Pause waren nah am Maximum, teilweise kamen ja überhaupt keine Bälle auf unseren Kasten“, sagte Team-Manager Oliver Roggisch und ergänzte: „Wenn wir dann noch sehen, dass elf Paraden unserer Torhüter über 60 Minuten kein außergewöhnlich guter Wert sind, dann zeigt dies umso mehr, wie hervorragend Patrick und Hendrik gearbeitet haben.“

 Seit dem vergangenen Sommer spielen Wiencek und Pekeler zusammen beim THW Kiel, gemeinsam mit Steffen Weinhold und Torhüter Andreas Wolff ist das Quartett besonders für die zweite Abwehr-Variante des 3-2-1 damit bestens eingespielt. „Es ist wichtig, dass wir jetzt ein zweites Deckungs-System spielen können. Das hat uns bei der EM 2018 gefehlt“, sagt Pekeler. Im 3-2-1 verschiebt sich der Abwehrverband stets in Richtung der Ball-Seite. Diese Methode erfordert intensive Beinarbeit, da am Ort des Balles immer Überzahl geschafft werden muss, um den Ball möglichst schnell gewinnen zu können. Da ist es natürlich von Vorteil, wenn die dafür vorgesehenen Spieler dies auch im Verein tagtäglich zusammen trainieren.

Wienceks Tank-Quittungen schluckten einst zu viel vom Lohn

Soll das Halbfinale kein Traum bleiben, dann müssen Wiencek und Pekeler auch gegen die Zwischenrunden-Kaliber Island, Spanien und Kroatien wieder funktionieren. --> Hier geht es zum Spielplan. Der Spielort Köln kann da für einen zusätzlichen Schub sorgen. „Es sind nochmal 5000 Fans mehr in der Halle als in Berlin“, sagt Wiencek. Für ihn ist es auch eine Rückkehr zu seinen heimatlichen wie sportlichen Wurzeln. „Es sind nur 70 Kilometer bis zu meiner Geburtsstadt Duisburg. Da werden Familie und Freunde sicher kommen“, sagt Wiencek.

Nach Anfängen beim MSV Duisburg und der HSG Düsseldorf war Wiencek 2007 zur Jugend des Bergischen HC gewechselt. Dort wollte ihn Manager Stefan Adam – aktuell Geschäftsführer beim Eishockey-Verein Düsseldorfer EG – eigentlich länger behalten, Wiencek konnte dieses Angebot jedoch nicht annehmen. „Ich war damals mitten in der Ausbildung zum Anlagenmechaniker, da sind täglich 120 Kilometer Weg zum Training zu viel gewesen. Zudem hätten die Tank-Quittungen einfach auch zu viel vom kleinen Lohn geschluckt“, erklärte der 29-Jährige im Gespräch mit unserer Zeitung mit Augenzwinkern.

Also schloss sich Wiencek 2008 dem TuSEM in Essen an, nach zwei Jahren ging er zum VfL Gummersbach, und seit 2012 fühlt sich der Hüne in Kiel inzwischen schon wie ein Norddeutscher. Das ist Hendrik Pekeler durch und durch, der 27-Jährige kam in Itzehoe zur Welt und schon früh zur Jugend des THW. Für Pekeler bedeutet seine Zeit beim Bergischen HC weit mehr als für Wiencek. „Beim BHC habe ich es geschafft, meiner Karriere den entscheidenden Schub zu geben.“

„Der BHC braucht eine
eigene moderne Halle“

2010 kam Pekeler zum damaligen Zweitligisten aus Solingen und Wuppertal, stieg mit ihm 2011 in die Bundesliga auf und ging nur wegen des Abstiegs 2012 zum TBV Lemgo. „Ich musste damals raus aus dem Dunstkreis des THW und auch mal weg von zu Hause. Beim BHC habe ich viel Spielzeit bekommen, dieser Verein war für meine Entwicklung genau die richtige Wahl“, sagte Pekeler. So richtig, dass er den BHC weiterhin verfolgt. „Die bisherige Saison ist herausragend. Trainer Sebastian Hinze hat der Mannschaft eine Philosophie an die Hand gegeben.“

Pekeler überraschte im Gespräch mit unserer Zeitung, als er dem BHC ins Stammbuch schrieb, für die weitere Entwicklung seine Strukturen verbessern zu müssen. „Spiele in Düsseldorf können für den nächsten Schritt nur eine vorübergehende Lösung sein. Der BHC braucht eine eigene moderne Halle“, meinte Pekeler. So groß wie in Köln muss sie sicher nicht sein, dort aber wollen Wiencek und Pekeler in der deutschen Abwehr ab heute die gegnerischen Angreifer weiter zur Verzweiflung bringen. Man muss davon ausgehen, dass ihnen das gelingt.