HSV zwischen Hoffnung und Untergang
Hamburg (dpa) - Champions-League-Sieger 2013, deutscher Meister 2011, Europacup-Gewinner 2007 - der HSV Hamburg war ein Schwergewicht im internationalen Handball. Zumindest für die nächsten Jahre wird es ähnlichen Glanz nicht mehr geben, im schlimmsten Fall nie wieder.
Mit dem eingereichten Insolvenzantrag stehen die Hamburger vor einem Scherbenhaufen und einer ungewissen Zukunft. Ein Neubeginn mit anderen Strukturen und anderer Mannschaft in der Bundesliga ist ebenso denkbar wie ein Versinken in der 3. Liga. „Ich gebe keine Prognosen ab. Es ist alles möglich“, sagte Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga GmbH.
Schadenfreude im Lager der Konkurrenten gibt es kaum. „Das ist eine Katastrophe, eine echte Katastrophe“, seufzte Domagoj Duvnjak vom THW Kiel, der von 2009 bis 2014 beim HSV spielte. HBL-Präsident Uwe Schwenker kann der dramatischen Situation auch eine positive Seite abgewinnen. „Das ist eine Chance für den HSV, die Stadt Hamburg und die Hamburger Wirtschaft“, sagte er in einem Interview des TV-Senders Sport1. Man könne zeigen, „dass man sich unabhängig von allen Mäzenen machen und das Ganze auf breite Beine stellen kann“.
Gemeint ist Andreas Rudolph. Der öffentlichkeitsscheue Millionär hat seit 2004 Geld in den Verein gepumpt, ihn schon zweimal vor dem Untergang gerettet. Schätzungen reichen bis zu 30 Millionen Euro. Jetzt hat er endgültig die Nase voll. So dankbar Verein und Fans dem Ahrensburger für sein Engagement auch sind, seine Alleinherrschaft hat sich wie eine Fußfessel bei der Suche nach anderen Investoren erwiesen.
Hauptgesellschafter der Betriebsgesellschaft mbH und Co. KG ist Rudolphs Bruder Matthias. Potenzielle Geldgeber können sich mit diesem Konstrukt nicht anfreunden. „Was die finanzielle Lage des HSV betrifft, finde ich, dass sie selber schuld haben, dass sie in diese Lage gekommen sind“, betonte Flensburg-Handewitts Trainer Ljubomir Vranjes.
Gerätselt wird, warum die Patronatserklärung Rudolphs über angeblich zwei Millionen Euro in dieser existenzbedrohenden Lage vom Verein nicht eingelöst worden ist. „Mit dem Betrag ließe sich die Zahlungsfähigkeit des Vereins sofort wieder herstellen“, sagte Bohmann. Er weist Vorwürfe zurück, die HBL sei beim Lizenzierungsverfahren blauäugig gewesen. „Wir hätten höchstens fordern können, die Sicherheit auf ein Treuhandkonto zu überweisen.“
Die Stadt wird den Profis nicht zur Seite springen. Bürgermeister Olaf Scholz, dem Olympia und die Sanierung der Sportstätten in der Hansestadt am Herzen liegt, sagte der „Bild“-Zeitung: „Es wäre nicht ratsam, den Spielbetrieb von Profivereinen aus dem Hamburger Haushalt zu bezuschussen.“
Bis zum Jahreswechsel soll der Spielbetrieb mit den beiden Heimspielen gegen Magdeburg und Göppingen sowie der Auswärtspartie bei TuS N-Lübbecke gesichert sein. Trotz Mietrückständen ist die Gesellschaft der Barclaycard-Arena großzügig. Pro Spiel werden rund 25 000 Euro fällig, die der HSV nicht hat.
Ob die große Vereinsflucht unter den Profis einsetzt, ist unklar. Nationalspieler Adrian Pfahl will von Januar an für Frisch Auf Göppingen spielen. Das aber muss der vorläufige Insolvenzverwalter Gideon Böhm entscheiden. Wenn ihm die Transfersumme zu gering ist, kann er das Angebot ablehnen.