Deutsche Werfer-Asse: Wieder eine Bank für WM?
Frankfurt/Main (dpa) - Weltrekordlerin Betty Heidler, Titelverteidiger Robert Harting und Speerspitze Christina Obergföll - die deutsche Leichtathletik setzt bei der WM in Daegu wieder auf ihre starken Werfer.
Für den großen Wurf sind die deutschen Leichtathleten immer gut. Von den 84 Medaillen bei Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften seit 2000 haben die Hammer-, Diskus-, Kugel- und Speerspezialisten 41 geholt. Auch im südkoreanischen Daegu werden viele Asse des Deutschen Leichtathletik-Verbandes wieder weitgehend hinterherlaufen - auf seine Werfer aber konnte sich der DLV in der Vergangenheit meist verlassen.
Bei der WM 2007 in Osaka/Japan gingen gleich sechs von sieben Medaillen auf das Konto der Kraftsportler. Beim Olympia-Debakel 2008 in Peking sorgte Christina Obergföll mit dem Speer für das einzige deutsche Edelmetall überhaupt. Bei der erfolgreichen WM 2009 in Berlin gewannen Diskus-Riese Harting und Speerspitze Steffi Nerius die einzigen Titel für die Gastgeber.
„Die Werfer haben den größten Anteil an Medaillenwertungen und Nationenpunkten und deshalb natürlich ihren Stolz. Auch bei der Mittelverteilung würde uns ohne ihre Erfolge ein ganz wichtiges Standbein fehlen“, sagt Herbert Czingon, der für die technischen Disziplinen verantwortliche Bundestrainer.
Der Hauptgrund für die Erfolgsbilanz ist laut Czingon, „dass wir hier seit vielen Jahrzehnten eine hohe Übereinstimmung in der Trainingsmethodik haben: sehr viele erprobte Muster, die von allen angewandt werden“. Das liege primär an den Trainern, die im Gegensatz zu manch anderen Disziplinen nicht alle ihr eigenes Süppchen kochten.
Die Werfer, erklärt Czingon, kommen zudem alle aus Zentren. Hochburgen sind zum Beispiel Neubrandenburg mit Kugelstoß-Ass Ralf Bartels, Magdeburg mit dessen Disziplin-Kollegin Nadine Kleinert und WM-Neuling Josephine Terlecki, Frankfurt/Main mit Weltrekordlerin Betty Heidler und Kathrin Klaas, Leverkusen mit Markus Esser (alle Hammer) und Speer-Europameisterin Linda Stahl oder Halle/Saale mit Diskus-Mitfavoritin Nadine Müller. „Da sehen die Talente täglich die Weltspitzenleute und profitieren von ihnen“, sagt Czingon.
Zu den eifrigsten Medaillensammlern der vergangenen Jahre zählen Bartels und Kleinert: Achtmal stand der 33-jährige Kapitän der Nationalmannschaft bei internationalen Hallen- und Freiluft- Titelkämpfen auf dem Treppchen. Kleinert (35) kann auf sechsmal Silber und zweimal Bronze verweisen.
Zur „Zwischengeneration“ zählen Harting (26), Heidler (27) und Obergföll (29), auf deren mächtigen Schultern die größten WM-Hoffnungen des DLV ruhen. „Ich möchte schon 'ne Medaille holen, das ist das Ziel. Aber die anderen Damen haben auch ein sehr hohes Niveau“, sagt die Offenburgerin Obergföll, die insgeheim auf ihren ersten internationalen Titel hofft.
Heidler ist spätestens seit ihrem Weltrekord (49,72 Meter) Gold-Anwärterin Nummer eins. Sie sagt über die Drucksituation: „Mittlerweile ist das so, dass ich es eher mag.“ Diskuswerferin Nadine Müller (24) und Junioren-Europameister David Storl (21), der Routinier Bartels in diesem Jahr mehrfach besiegt hat, gehören zur neuen hoffnungsvollen Garde. „Wenn ich an die WM denke, dann denke ich erst mal an die Qualifikation am Morgen. Das wird ziemlich hart, weil die da alle ziemlich weit stoßen“, sagt Storl.
Diskus-Weltmeister Robert Harting kennt diese Nervenspiele zu Genüge und meint: „Ich bin der einzige Titelverteidiger im Team. Da vertritt man ja auch sein Land, das ist was Gutes und Schönes.“ Der Riese startet allerdings angeschlagen in die WM, seit langem schon quält ihn seine entzündete linke Patellasehne. Dennoch sagt er: „Eine Absage war kein Thema.“