Hochsprung-Revoluzzer Fosbury wird 65

Berlin (dpa) - Sein Flop wurde zum Evergreen: Mit seiner eigenwilligen Technik war Dick Fosbury vor fast 50 Jahren noch ein Exot. Heute floppen alle Hochspringer. Für sein Patent belohnte sich der Amerikaner 1968 mit Olympia-Gold.

Am 6. März wird Fosbury 65 Jahre alt.

Anlauf, Absprung, drüber - Gold! „Olé!“ schallt es durch das imposante Estadio Olimpico. Die 80 000 Zuschauer in Mexiko-Stadt und Millionen vor den TV-Schirmen sind begeistert, als der junge US-Hochspringer über die Latte segelt. Die Trainer schütteln den Kopf. Irgendwie sieht es schon komisch aus, wie sich dieser Dick Fosbury rücklings in die Luft schraubt. Doch 2,24 Meter meistert an jenem 20. Oktober 1968 eben nur der 21-Jährige. Aus dem Flop ist längst ein Hit geworden, sein Patent hat der Mann aus Medford/Oregon zumindest einmal vergoldet. Nun feiert der Leichtathletik-Revoluzzer seinen 65. Geburtstag.

„Der Sprung hat mir Türen geöffnet“, sagt Fosbury heute. Und: „Ich war einfach vom Glück gesegnet, der Erste zu sein. Ich bin absolut überzeugt davon, dass sonst irgendjemand anders die Technik erfunden hätte.“ Doch es war kein Nobody, sondern „Floppy Dick“, der die Revolution auslöste: Nach einem Anlauf in einem langen Bogen sprang er rückwärts ab und katapultierte sich auch rücklings in die Lüfte. Die Sport-Sensation war perfekt, als sich der Modellathlet im dritten Versuch als einziger Finalist über 2,24 Meter floppte.

Das war zugleich der Anfang vom Ende des „Bauchwälzers“. Der Straddle war damals in, auch der russische Weltrekordler Waleri Brumel (2,28 Meter) beherrschte diese Sprungtechnik perfekt. Fosbury lag dagegen weder der Scherensprung noch der Straddle, mit dem er als 16-Jähriger (nur) 1,77 Meter erreichte. Für Fosbury kam die Wende (um 180 Grad) zur rechten Zeit. Dennoch beendete der 1,93 Meter große Athlet schon ein Jahr nach dem Triumph in Mexiko seine Karriere, weil er mit dem Olympiasieg seine sportlichen Ziele erreicht hatte. Außerdem wollte er nicht länger „aus dem Koffer leben“.

Aktiv ist er aber noch heute: Drei Jahre nach seiner überstandenen Krebserkrankung - die Ärzte entfernten ihm einen Tumor am Rücken - hält sich Fosbury mit Inlinern, Mountain-Bike-Touren, Ski fahren und Snowboarden fit. Im Sommer leitet er regelmäßig Hochsprung-Camps und versucht, seinen ehrfürchtigen Nachfolgern den Flop beizubringen.

Praktisch über Nacht war Fosbury in Mexiko auch zum TV-Star avanciert, denn erstmals übertrug das Fernsehen Live-Bilder auf alle Kontinente. Eine gute Presse bekam der damals 21-Jährige aber nicht immer. Die lokalen Medien bezeichneten ihn seinerzeit als „faulsten Hochspringer der Welt“. Sein Talent reichte aber zum Olympiasieg.

„Er floppte wie ein Delfin“, frotzelte ein Lokalblatt nach der Premiere des neuen Sprungstils - immerhin schon vier Jahre vor den Olympischen Spielen in Mexiko. Bei einem Schulwettkampf in Medford „interpretierte“ der damals 17-Jährige den Straddle erstmals mit einer veränderten Schulterhaltung. Der Flop war geboren.

Die „Los Angeles Times“ beschrieb seinen Sprungstil ziemlich respektlos: „Fosbury überquert die Latte wie jemand, der aus dem 30. Stock gestoßen wird.“ Kein Problem für Amerikas One-Flop-Wonder - wenn man auf dem Siegerpodest landet.