Leichtathleten: Topform bereits vor Titelkämpfen

Frankfurt/Main (dpa) - Vor den nationalen Meisterschaften am Wochenende in Kassel stehen die deutschen Leichtathleten in der Welt hervorragend da.

Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler, Diskus-Weltmeister Robert Harting, Speerwerferin Christina Obergföll und Stabhochspringerin Martina Strutz führen die internationale Jahresbestenliste an. „Die Athleten im Spitzenbereich sind beständiger geworden. Robert Harting, Christina Obergföll oder Betty Heidler haben sich in der Weltspitze etabliert“, sagt Thomas Kurschilgen, Sportdirektor des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), im Rückblick auf die Heim-Weltmeisterschaft 2009 und in Vorfreude auf die bevorstehende WM im, südkoreanischen Daegu.

28 Deutsche stehen nach DLV-Angaben unter den Top 12 der Weltbestenliste, 14 unter den sechs und fünf unter den drei Besten. „Und in der Weltbestenliste stehen wir nicht schlechter da, wenn es um die Top Sechs geht, als vor Berlin“, ergänzt Kurschilgen, der sich zudem über bereits elf Siege seiner Schützlinge in der Diamond League freuen konnte. In Kassel geht es bei den 111. nationalen Titelkämpfen auch um die Tickets für Daegu (27. August bis 4. September). 40 Sportler haben nach Angaben Kurschilgens die A-Norm, 12 die B-Norm erreicht. Dazu kommen die Staffeln.

„Ich gehe deshalb davon aus, dass wir eine große Mannschaft nominieren können, eine Zahl über 60 Athleten wird es schon sein“, meint der Sportdirektor. An die Rekordzahlen von Göteborg 1995 (95) und Berlin 2009 (90) wird das Aufgebot ein Jahr vor den Olympischen Spielen in London aber nicht herankommen.

Trotz der Spitzenpositionen von Heidler und Co. sieht Kurschilgen den DLV vor der WM „in der Gesamtbreite etwas schlechter aufgestellt“. Denn: Hochsprung-Ass Ariane Friedrich (Aufbautraining nach Achillessehnenriss) und Sprinterin Verena Sailer (Achillessehnenprobleme) haben die Sommersaison streichen müssen.

„Eine Europameisterin über 100 Meter ist nicht so schnell zu ersetzen. Es ist ein herber Verlust für diese Disziplin“, sagt Kurschilgen. Zudem muss Carolin Nytra in Kassel passen: Die EM-Dritte über 100 Meter Hürden plagt sich mit muskulären Problemen herum und hofft, am 13. August in Mannheim noch die Norm zu laufen und damit auf den WM-Zug aufzuspringen.

Ihr Lebensgefährte Sebastian Bayer, Hallen-Europameister und Europarekordler im Weitsprung, hatte zuletzt Knieprobleme und muss in Kassel auf einen Satz von 8,20 Meter hoffen. Das ist die geforderte Qualifikationsweite, die sein Konkurrent Christian Reif (8,26) schon geschafft hat. „Ich bin derzeit nicht in der Form, um in Kassel die WM-Norm zu springen. Ein Sprung über acht Meter wäre schon ein Traumergebnis“, sagte Bayer jedoch dem „Hamburger Abendblatt“.

Sorgenfrei, vor Selbstbewusstsein nur so strotzend und erstmals bei Titelkämpfen als Weltrekordlerin kann Betty Heidler antreten. Auch Christina Obergföll muss keine Konkurrentin fürchten. „Es muss mal wieder klargestellt werden, wer die Nummer eins im deutschen Speerwurf ist“, sagte die diesjährige Weltbeste (68,01 Meter). 2010 hatte sie den Titel an Katharina Molitor abgeben müssen, 2009 an die spätere Weltmeisterin Steffi Nerius. Und bei der EM im vergangenen Jahr landete überraschend Linda Stahl (alle Leverkusen) vor der früheren Europarekordlerin aus Offenburg.

Ein heißes Duell steht im Kugelstoßen an: U23-Europameister David Storl (20/Chemnitz) will Serienmeister Ralf Bartels (33/Neubrandenburg) zum ersten Mal den Freiluft-Titel abluchsen, nachdem er ihn bei den Hallen-Meisterschaften schon geschlagen hat.

Im Stabhochspringen muss Martina Strutz (Hagenower SV) zeigen, was ihr deutscher Rekord (4,78 Meter) von Karlsruhe wert ist: In Vize-Europameisterin Silke Spiegelburg aus Leverkusen hat sie eine harte Rivalin. Die Leverkusenerin liegt mit 4,75 gemeinsam mit der Polin Anna Rogowska auf Rang zwei der Weltbestenliste. Nach 14 Siegen in Serie hat Diskus-Hüne Harting gar kein Gefühl mehr fürs Verlieren: Der Berliner führt die internationale Konkurrenz mit 68,99 Meter an.

Der DLV verzeichnet bereits vor den Titelkämpfen einen Rekord: Nach Angaben von Veranstaltungsdirektor Frank Kowalski sind bereits 18 500 Tickets im Vorverkauf weggegangen - so viel wie nie zuvor.