„Tapetennagel“ Freimuth: Sohn auf Vaters Spuren

Götzis (dpa) - Er hat das Zehnkampf-Gen seines Vaters geerbt, doch „schuld“ an seinem Leben als Leichtathlet ist Zwillingsbruder Hanno. Rico Freimuth erinnerte sich bei seinem Debüt im Mehrkampf-Mekka Götzis an alte Zeiten, wie vor acht Jahren alles begann.

„Zehnkampf ist zur großen Liebe geworden, aber das hat weniger mit meinem Vater zu tun. Es war mein Bruder - und gesunder Ehrgeiz“, sagte der 23-Jährige aus Halle an der Saale in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

„Hanno war mit 15 Basketballer und schon in der Jugend- Nationalmannschaft. Ich wollte ihm nacheifern“, sagt Rico Freimuth, der in Götzis für ein historisches Novum sorgte: Erstmals in der 37-jährigen Geschichte des Meetings war der Sohn eines ehemaligen Siegers am Start. DDR-Rekordmann Uwe Freimuth hatte in der Marktgemeinde in Vorarlberg sogar zweimal (1985 und 1988) gewonnen. Seine Bestleistung von 8792 Punkten ist für den Filius zwar noch zwei Nummern zu groß - aber er arbeitet daran.

Mit dem Fußball klappte es bei beiden Freimuth-Jungs damals nicht so recht. „Die bewegten sich am Ball wie zwei Störche im Salatbeet“, meint der Vater lachend. Und später, als Hanno unterm Korb schon obenauf war, packte Rico der Ehrgeiz. Mutter Freimuth empfahl den Zehnkampf als Alternative. „Ich habe sie gefragt: Was ist denn das? Mutter meinte nur: Das hat doch dein Papa früher gemacht.“ Alles klar. Rico „wollte kein Statist sein“. Sondern Solist. Er wurde Leichtathlet und ist heute eine große deutsche Zehnkampf-Hoffnung.

„Vater ist für mich ein sehr guter Kumpel und ein Lehrer. Wir können beide stundenlang über Zehnkampf quatschen“, erklärt Rico Freimuth. Um mehr Zeit für den Sport zu haben, hat er sein BWL-Studium abgebrochen und lernt nun Bürokaufmann bei den Halleschen Stadtwerken. „Da bekomme ich jede Unterstützung“, meint Freimuth jr.

Der Senior, der in diesem Jahr 50 wird, verfolgt jeden Schritt von Rico. Und wenn der Vater mit dem Sohne Klartext redet, dann hört sich das so an: „Haargel, Sonnenbrille, Rollkoffer - diesen ganzen Quatsch will ich nicht sehen, Rico! Den kannst du zu Hause lassen. Nimm das Wesentliche mit und konzentrier' dich auf den Wettkampf!“

„Rico brennt für den Zehnkampf, aber er muss kräftemäßig noch zulegen. Von der Statur sieht er ja noch aus wie ein Tapetennagel“, witzelt Uwe Freimuth. In zwei Disziplinen hat der „Lange“ (1,95 Meter) seinen vier Zentimeter kleineren Vater schon übertrumpft: Im Hürdensprint (13,96 Sekunden) und über 100 Meter, die er bei seinem Götzis-Debüt auf Anhieb in persönlicher Bestzeit (10,79) rannte.

Zur Halbzeit war Rico Freimuth sogar bester Deutscher und peilte jene „8000 plus“ an, die er sich für 2011 vorgenommen hat. Seine Bestleistung stand vor Götzis bei 7826 Punkten. Manchmal schielt er zum „Familienrekord“ seines Vaters, aufgestellt im Olympia-Boykottjahr 1984. Bis dahin fehlen dem Filius noch 966 Zähler. „Ich habe ihm versprochen: Wenn ich mal 8793 Punkte mache, dann lade ich ihn zum Urlaub ein. Und ich zahle.“