Vor der Revanche: Bolt und Gatlin gewinnen Vorläufe

Peking (dpa) - Was sich in nur 9,79 Sekunden alles verändern kann. Bis zu seinem knappen Sieg über 100 Meter fiel Usain Bolt bei diesen Leichtathletik-Weltmeisterschaften vor allem durch eine ungewohnte Anspannung und Zurückhaltung auf.

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Spätestens am Dienstag aber, vor seinem lockeren Spaziergang durch den 200-Meter-Vorlauf, war die alte Bolt-Show im Olympiastadion von Peking zurück. Der Superstar aus Jamaika winkte ins Publikum und lachte in die Kameras. Der Erfolg über seinen Rivalen Justin Gatlin zwei Tage zuvor hatte offenbar eine befreiende Wirkung.

Am Donnerstag soll es im Finale über 200 Meter zur Revanche kommen. Ihre Vorläufe gewannen beide schon einmal locker: Bolt in 20,28, Gatlin in 20,19 Sekunden. Am Mittwoch folgt dann noch das Halbfinale, auch das soll bloß eine Formsache sein.

„Die 200 Meter bedeuten mir noch mehr als die 100“, sagte Bolt. „Aber die Saison war nicht einfach für mich, mir fehlen einige Rennen. Im mache mir ein wenig Sorgen um meine Fitness. Deshalb möchte ich jetzt so einfach wie möglich das Finale erreichen.“

Bei aller zurückgewonnenen Lockerheit zeigen diese Sätze auch: Uneingeschränkt sicher ist sich der Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordhalter seiner Sache immer noch nicht. Während er in der Medienzone des Stadions mit den Journalisten sprach, schaute er auch immer wieder zu einem der Fernsehschirme hinüber, auf denen Gatlins Lauf übertragen wurde.

Der 33-jährige Amerikaner verlor in seinem Rennen geringfügig mehr Energie, weil ihn ein erst 16 Jahre junger Japaner namens Abdul Hakim Sani Brown (20,35) hartnäckig verfolgte. „Eigentlich wollte ich etwas langsamer laufen, aber Sani machte mir ordentlich Druck. Der Junge ist phänomenal“, meinte Gatlin. Der Weltmeister von 2005 hält zwar auch über 200 Meter die Weltjahresbestzeit (19,57), gilt aber auch vor einem möglichen zweiten Duell mit Bolt nur noch als Außenseiter. Denn in gleichem Maße wie das 100-Meter-Finale den Jamaikaner gepusht hat, hat es an Gatlins zuvor überbordendem Selbstvertrauen genagt.

Direkt neben Bolt wurde der deutsche Meister Julian Reus in 20,51 Sekunden Vierter seines Rennens. Er verpasste das Halbfinale damit genauso wie der zweite deutsche Sprinter Robin Erewa (20,67). „Nach 170 Metern habe ich meine Beine nicht mehr hochbekommen“, sagte Reus. „Man muss auch ehrlich zu sich selbst sein und sich eingestehen: Mehr war heute nicht drin. Ich habe alles gegeben.“ Und wie fühlte es sich an, direkt hinter dem großen Bolt herzulaufen? „Wie bei den Landesmeisterschaften, wenn mein Trainingspartner neben mir läuft“, meinte er. „Man muss so etwas ausblenden.“