Formel-1-Rutschpartie: Vettel legt Schongang ein
Silverstone (dpa) - Rutschpartie statt Rennprobe: Im Dauerregen von Silverstone hat Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel beim Training zum Großen Preis von Großbritannien den Schongang eingelegt.
Nahezu tatenlos sah der 24 Jahre alte Hesse zu, wie ihm Red-Bull-Kollege Mark Webber und das sprichwörtliche englische Wetter die Schau stahlen. Schon am Freitagmorgen gab Webber in 1:46,603 Minuten die Tagesbestzeit vor und ließ damit seiner Ankündigung, zur Jagd auf Vettel zu blasen, erste Taten folgen.
Der deutsche WM-Führende begnügte sich dagegen mit wenigen Runden und wurde gut zwei Sekunden langsamer nur 13. der Tageswertung. „Ich habe ein paar Sachen probiert, aber der Vergleich ist sehr schwer, weil die Bedingungen von Runde zu Runde anders sind“, sagte Vettel.
Bei zeitweise strömendem Regen schürten die deutschen Silberpfeil-Piloten die zarten Hoffnungen der Mercedes-Fans für den neunten Saisonlauf am Sonntag. Rekord-Weltmeister Michael Schumacher bewies einmal mehr seine Regenkünste und sorgte in 1:47,263 Minuten für die zweitbeste Zeit des Tages. Nico Rosberg wurde zunächst Sechster und musste sich dann in der aufgrund des Wetters wesentlich langsameren zweiten Einheit nur Felipe Massa (Ferrari) geschlagen geben. „Es ist schwierig, den tatsächlichen Zustand des Wagens zu beurteilen aufgrund dieser Bedingungen“, sagte Schumacher.
Tatsächlich glich das Training vor allem am Nachmittag, als es pünktlich zum Beginn der zweiten Einheit wie aus Kübeln goss, eher Rutschpartien als Rennfahrten. Am Vormittag hatte Sauber-Pilot Kamui Kobayashi Glück, als er von der neuen Start-Ziel-Geraden abkam und sich auf dem nassen Rasen beinahe überschlagen hätte. Um kein Risiko einzugehen und möglichst Reifen zu sparen, verzichteten alle Teams im zweiten Training fast eine Dreiviertelstunde lang auf Übungsrunden. „Hätten wir mehr Reifen zur Verfügung, würden wir auch mehr fahren“, sagte Vettel.
In den verbliebenen 30 Minuten kamen die Fahrer nicht mehr an die Zeiten des ersten Trainings heran. Vor allem Vettels Auftritt gab kaum Aufschluss über die Leistungsfähigkeit seines Autos, dem wie bei allen Teams das Zwischengas-System fehlen sollte, das den Autos beim Abbremsen zusätzliche Stabilität verliehen hatte. Vor allem Red Bull soll dieses System zur Perfektion entwickelt haben. Zumindest bei Webber war bei den allerdings nicht repräsentativen Bedingungen kein Zeichen von Schwäche zu erkennen.
Tatsächlich erreichten Red Bull und Motor-Lieferant Renault beim Weltverband Zugeständnisse, die vor allem Konkurrent McLaren verärgern. Offensichtlich hatte Red-Bull-Teamchef Christian Horner mit seinem Argument, ein komplettes Verbot würde die gesamte Stabilität der Motoren gefährden, Erfolg. „Es handelt sich um eine sehr faire und ausgewogene Entscheidung“, lobte Horner, der nach eigener Aussage das System nun in abgespeckter Version weiter nutzen darf.
„Wir haben es vor Trainingsbeginn nur als Gerücht gehört, dass Red Bull und Renault die Drosselklappen um 50 Prozent öffnen und mehr als vier Zylinder zünden dürfen“, schimpfte dagegen McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh. Die mit Mercedes-Triebwerken ausgestatteten Rennställe „würden ins kalte Wasser geworfen“, beklagte sich der Engländer und betonte: „Da sind wir ja schlechter dran als vorher.“
Seine Fahrer Lewis Hamilton, der derzeit 89 Punkte hinter Vettel in der WM-Wertung rangiert, und Jenson Button (77 Punkte Rückstand) wurden nur 8. und 15. Ferrari-Pilot Fernando Alonso lieferte in 1:48,161 Minuten die siebtbeste Zeit des Tages ab. Im WM-Klassement hat der Spanier mit 87 Punkten bereits 99 Zähler Rückstand auf Überflieger Vettel.
Ordentlich war auch Force-India-Testpilot Nico Hülkenberg als Neunter unterwegs. Weniger gut lief es dagegen für Nick Heidfeld auf Rang 16, Adrian Sutil - der allerdings nur am Nachmittag fuhr - als 20. und vor allem Timo Glock auf Platz 21.