Keine Lösung für F1-Krise: „Zweiklassengesellschaft“
Sao Paulo (dpa) - Zwei Teams sind bereits insolvent, und auch Lotus, Force India und Sauber steht das Wasser bis zum Hals: Aber trotz der riesigen finanziellen Probleme der privaten Rennställe sind die Fronten in der Formel 1 weiter verhärtet.
Eine Lösung ist nicht in Sicht. Sauber-Teamchefin Monisha Kaltenborn befürchtet „eine Zweiklassengesellschaft“. Grand-Prix-Boss Bernie Ecclestone schiebt den kleinen Team indes selbst die Schuld für deren missliche Lage zu. Die Diskussionen über eine Krise in der Königsklasse seien „absoluter Nonsens“, sagte er in Sao Paulo. „Es gibt nur ein paar kriselnde Teams.“
Monisha Kaltenborn stimmte dem Briten vor dem Großen Preis von Brasilien nur in dem einen Punkt zu, dass die Formel 1 weiterhin über hohe Einnahmen verfüge. „Aber es ist eine Frage der Verteilung“, sagte die 43 Jahre alte Juristin am Sonntag in einer kleinen Medienrunde. Privatteams, für welche die Formel 1 „das Kerngeschäft ist, müssen auch anständig mitfahren können“.
Wegen der enorm gestiegenen Belastungen sei das aber immer weniger gewährleistet. Allein die neuen Antriebsstränge würden die Motorenkunden einschließlich Installation 35 bis 40 Millionen Euro kosten. „Das ist eine Mehrbelastung von 15 bis 20 Millionen gegenüber dem Vorjahr“, rechnete Monisha Kaltenborn vor. „Wir wollten diese Motoren nicht, aber wir hatten keine andere Wahl.“
Lotus, Force India und Sauber haben in Sao Paulo erneut mit Ecclestone verhandelt. „Wir haben aber kein Ergebnis erzielt“, sagte sie enttäuscht. Damit die mit großen Schwierigkeiten kämpfenden Teams überleben könnten, müsse es schnell gravierende Veränderungen geben. „Die Lösung ist ganz klar: Die Einnahmen müssen anders verteilt und die Kosten reduziert werden“, sagte Monisha Kaltenborn. Einen Startverzicht beim Saisonfinale in zwei Wochen in Abu Dhabi als Druckmittel schloss sie aber aus: „Ein Boykott würde uns nur schaden.“
Ecclestone hatte für die angeschlagenen Mittelklasse-Teams Lotus, Force India und Sauber Ecclestone eine einmalige Unterstützung angedeutet. Damit das Trio überleben und 2015 starten könne, sollten die reichen Rennställe und der kommerzielle Rechtehalter CVC Mittel zur Verfügung stellen. „Vielleicht können die vier, fünf großen Teams für nur ein Jahr einen Beitrag leisten“, schlug Ecclestone gegenüber BBC Sport vor. Monsiha Kaltenborn beurteilte diese Idee skeptisch: „Das würde es uns für 2015 erleichtern, es wäre aber keine nachhaltige Lösung.“
Den beiden insolventen Rennställen Marussia und Caterham warf Ecclestone vor, sie hätten nicht gut genug kalkuliert: „Sie haben mehr ausgegeben als sie hatten.“ Caterham hat eine Spendenaktion gestartet und hofft auf ein Comeback beim Saisonfinale. Der Insolvenzverwalter von Marussia hatte jedoch am Freitag in London das endgültige Aus des russischen Rennstalls mitgeteilt.
Ecclestone erklärte nun, die beiden finanziell ausgebluteten Teams seien weiterhin Bestandteil der Formel 1, wenn sie in Abu Dhabi antreten würden. „Falls nicht, sind sie leider draußen“, sagte der CVC-Geschäftsführer. „Ich sehe nicht, wie sie zurückkehren könnten.“
Entschieden sprach sich der 84-Jährige gegen den Rettungsplan von Caterham aus. Es sei ein „Desaster“, mit Crowdfunding die nötigen Gelder für einen Start beim Saisonfinale sammeln zu wollen. „Wenn Leute es sich nicht leisten können, in der Formel 1 zu sein, dann müssen sie etwas anderes machen. Wir wollen keine Bettler.“
Caterham hatte zuvor das Projekt „#RefuelCaterhamF1“ angekündigt. Es sollen bis zu drei Millionen Euro gesammelt werden, um in Abu Dhabi wieder fahren zu können und das Überleben zu sichern. „Das Caterham F1 Team hat schon fast die Hälfte der notwendigen Finanzmittel geschafft“, gab Interims-Teamchef Finbarr O'Connell in einer Pressemitteilung am Sonntag bekannt. Es sei unglaublich, dass innerhalb von 48 Stunden schon über eine Million Pfund eingegangen seien.
Für Marussia gibt es indes keine Hoffnung mehr. Alle 200 Angestellten verlieren ihre Arbeit. Marussia und Caterham fehlten bereits beim Großen Preis der USA in Austin. Sie reisten wegen ihrer riesigen finanziellen Probleme auch nicht nach Sao Paulo.