Nimmt Pirelli Luft aus Reifenzoff? Änderungen möglich
Sakhir (dpa) - Sebastian Vettel muss sich wohl nur noch einmal über die ungeliebten Reifen aufregen. Pirelli lenkt im Formel-1-Streit um die kurzlebigen Gummis offensichtlich ein.
Der italienische Exklusivausrüster der Königsklasse kündigte mögliche Veränderungen ab dem übernächsten Rennen an. „Die Entscheidung, ob wir die Reifenmischung verändern oder nicht, wird nach Bahrain bekanntgegeben und würde dann von Barcelona an angewendet“, sagte der Motorsportchef des italienischen Herstellers, Paul Hembery, in einem Interview der Nachrichtenagentur dpa. Er sprach von kleineren Veränderungen, die die Mischung betreffen würden.
Vettel dürfte aufatmen. Der dreimalige Weltmeister hatte die Kräfteverhältnisse in der Königsklasse wegen der alles bestimmenden Reifen schon als Scherz bezeichnet. Hembery wollte die Kritik so nicht stehen lassen. „Das Reifenmanagement ist schon immer ein wesentlicher Bestandteil des Motorsports gewesen, das hat sich nicht geändert. Aber unterm Strich machen die Reifen die Formel 1 nicht zu einer Lotterie“, befand er.
Das sehen nicht alle so. „Ob diese derzeitige Version der Formel 1 das ist, worum es in dem Sport wirklich geht, steht nun zur Debatte“, meinte die „Daily Mail“ aus Großbritannien. Der schnelle Reifenabbau sei „indiskutabel“ und die Rennen seien „irrsinnig kompliziert geworden“, schimpfte Niki Lauda, Aufsichtsratschef des deutschen Mercedes-Rennstalls und TV-Experte für RTL, nach dem Rennen zuletzt in Shanghai. Hembery kontert: „Am Ende der Saison werden die Fahrer vorne stehen, die die besten sind.“
Wie vor einem Jahr, als es sieben verschiedene Sieger in den ersten sieben Rennen gab, ist die Formel 1 aber erneut zur Formel Unberechenbar geworden. Mal kommt Ferrari am besten mit den Reifen klar, mal Lotus, mal passen die Pneus auch zum Red Bull.
In China ließ Vettel aber sogar eine schnelle Runde im entscheidenden Qualifikationsdurchgang sausen, nur um Reifen zu sparen und im Rennen die freie Wahl zu haben. Am Ende reichte es nach Startplatz neun zum vierten Platz. „Hungry Heidi“, sein Red-Bull-Rennwagen, frisst die aktuellen Reifen regelrecht. „Es ist einfach anders als früher in den Rennen, in welchen man von Anfang bis zum Schluss hat voll blasen können“, stellte Vettel fest. Das hatte schon sein Kindheitsidol Michael Schumacher im vergangenen Jahr zur Weißglut gebracht. Statt sich mit den Rivalen der Rennstrecke Rad an Rad kompromisslos zu messen, müssen die Piloten zu Reifenflüsterern werden.
Hembery wundert sich: „Es ist bisher nicht ein Team direkt zu uns gekommen und hat uns gebeten, die Reifen zu verändern. Ganz im Gegenteil. Einige Teamchefs und Ingenieure haben uns ausdrücklich gesagt, wir sollten nichts ändern.“ Dennoch sieht es danach aus, dass es ab dem übernächsten Rennen in Barcelona am 12. Mai etwas haltbarere Pneus gibt, nachdem Pirelli sämtliche Reifenvarianten für diese Saison eine Nummer softer - und damit noch kurzlebiger - gemacht hatte. Lauda hatte diesen Plan auch schon angekündigt.
Doch bevor die Luft etwas aus dem Reifenstreit genommen wird, wartet auf WM-Spitzenreiter Vettel und seine vielzähligen Verfolger noch mal eine ganz besondere Herausforderung: der Wüstenkurs von Bahrain. Heiß war es schon in Malaysia. Auf dem Sakhir International Circuit kommt aber auch noch Sand hinzu, der immer wieder auf die Piste weht. Selbst Hembery spricht schon von einem harten Test für die Reifen. Für Vettel heißt das: Noch einmal aufregen.