Randfigur Schumacher und der Rosberg-Hype
Sakhir (dpa) - Die Rolle als Randfigur passt so gar nicht zu einem Michael Schumacher. Und doch hat der historische Triumph seines Teamgefährten Nico Rosberg den Formel-1-Rekordweltmeister in den Tagen vor dem Bahrain-Rennen zum Nebendarsteller bei Mercedes werden lassen.
Als „Goldjunge im Silberpfeil“ feierte der schwäbische Autobauer in ganzseitigen Zeitungsanzeigen Rosberg nach dem grandiosen Sieg in Shanghai, dem ersten eines Mercedes-Werksfahrers seit 57 Jahren. Diesen Eintrag in die Sport-Geschichtsbücher hatte Schumacher eher für sich vorgesehen - und steht nun vor einer ganz neuen Bewährungsprobe.
„Es ist gut für ihn, gut für das Team. Er hat hart dafür gearbeitet und es sich verdient“, sagte der 43-Jährige vier Tage später im Fahrerlager des Bahrain International Circuit. Rosbergs China-Gala hatte er wegen einer Reifenpanne über weite Strecken als Zuschauer an der Boxenmauer verfolgen müssen, doch in der Wüste von Sakhir ließ sich der Routinier nicht eine Spur Frust anmerken.
Sicher, Schumacher ist in seiner zweiten Grand-Prix-Karriere seit dem Comeback 2010 spürbar gelassener geworden. Aber dauerhaft seinem Stallrivalen gratulieren zu müssen, widerspricht seiner Natur. In einem Mercedes zu gewinnen, im Idealfall sogar den achten Titel einzufahren - diese Chance war ein entscheidender Beweggrund für seine Rückkehr in die Königsklasse.
Nun aber muss sich Schumacher schon wieder fragen lassen, warum der 17 Jahre jüngere Teamkollege schneller am Ziel war als er. In den beiden Vorjahren beendete Rosberg die WM vor dem Altmeister, gewann 32 der 41 Qualifikationsduelle und sorgte zudem für die ersten Podestplätze des neu formierten Mercedes-Teams. Und gerade als Schumacher das neue Auto besser in den Griff zu bekommen und die Oberhand zu gewinnen schien, konterte Rosberg mit dem perfekten Wochenende von China. „Es kam einfach alles zusammen“, erinnerte sich Rosberg noch einmal lächelnd an die Triumphfahrt.
Mit feinem Gespür für die Statik des Teams stärkte Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug inmitten aller Elogen auf Rosberg auch Schumacher den Rücken. „Schon heute weiß jeder, der einst kritisiert hatte, wie wichtig und wie richtig es war, Michael Schumacher ins Team zu holen“, ließ sich der Schwabe in einem vom Rennstall verbreiteten Interview vor der Weiterreise nach Bahrain zitieren. „Michaels Startplätze 2012 zeigen seinen Trend: Vier in Australien, drei in Malaysia, zwei in China“, rechnete Haug vor. In Shanghai lag „Schumi“ vor seinem Aus in der Tat aussichtsreich auf Rang zwei.
Und doch haben 41 Rennen ohne Podiumsplatz in Serie die Geduld des siebenmaligen Champions auf eine harte Probe gestellt. Am Ende der Saison läuft sein Dreijahresvertrag aus. Bis zur Jahresmitte wird seine Entscheidung erwartet, ob er sein Comeback verlängert. So sicher, wie das im Winter nicht wenigen erschien, ist es offenbar noch längst nicht. „Alles ist völlig offen“, sagte Teamchef Ross Brawn jüngst, nicht ohne den „fantastischen Fahrer“ und das „fantastische Teammitglied“ Schumacher zu preisen. „Kommt Zeit, kommt Rat, vielleicht die Tat“, dichtete Schumacher in Bahrain.
Einen Mann für die Zukunft hat Mercedes indes schon gefunden. Rosberg hat bereits am Ende der Vorsaison einen neuen Langzeit-Vertrag unterschrieben.
Das Duell in Zahlen: