Kein Titelkater bei Vettel: „Wird immer besser“
Yeongam (dpa) - Von einem Weltmeister-Kater war nichts zu spüren. Überpünktlich um kurz vor 11 Uhr Ortszeit schlenderte Sebastian Vettel mit frischem Siegesdurst ins Fahrerlager von Yeongam.
„In dem Moment, in dem man nicht mehr motiviert ist, sollte man zu Hause bleiben“, sagte der Formel-1-Doppelchampion vor dem Großen Preis von Südkorea. Vier Tage nach seinem vorzeitigen Titelgewinn war Vettel bei seiner Rückkehr in den PS-Zirkus sofort wieder auf Betriebstemperatur. „Die WM ist entschieden, aber das ändert für uns nichts“, betonte der Red-Bull-Pilot.
Eingerahmt von seinen Weltmeister-Vorgängern Fernando Alonso und Lewis Hamilton wischte der Hesse bei der Weltverbands-Pressekonferenz alle Gedanken an einen Schlendrian beiseite. „Wir machen uns den Druck selbst“, erklärte Vettel. Das strahlende Lächeln täuschte niemanden. Der 24-Jährige meint es auch in den verbleibenden vier Saisonrennen ernst. „Wir hoffen, dass wir die extra-gute Laune in den letzten vier Rennen auch in extra-gute Ergebnisse umsetzen können“, sagte der Heppenheimer.
Schon am 16. Oktober könnte er mit seinem Team den nächsten Titel feiern - den finanziell bedeutenden Konstrukteurstriumph. Die Rivalen aber wollen da nicht mitspielen. „Ferrari, Red Bull und McLaren sind von der Leistung her jetzt eng beieinander“, befand der WM-Zweite Jenson Button. „Also passt auf: Wir werden viermal eine gute Show bieten“, versprach der McLaren-Fahrer vor dem 700. Grand Prix seines Arbeitgebers.
Ferrari-Star Alonso stellte indes fest: „Red Bull bleibt der Favorit.“ Im Vorjahr allerdings gewann der Spanier trotz technischer Unterlegenheit das Premierenrennen in Yeongam, weil Vettel und Teamkollege Mark Webber ausschieden. „Wir waren danach am Boden zerstört. Entscheidend war, dass wir danach wieder aufgestanden sind“, meinte Vettel.
Ein Jahr nach dem Debakel von Südkorea, das seine Titelträume beendet zu haben schien, ist der Deutsche als zweimaliger Weltmeister zurück am Ostchinesischen Meer. „Ich hatte Zeit, das Ganze wirken zu lassen“, versicherte er und bekräftigte: „An der Meinung, nicht abzuheben, halte ich fest. Alles was abhebt, muss runterkommen.“
Mit vollem Elan will sich der Mann der Stunde von nun an in die Vorbereitung seiner nächsten Erfolgsserie stürzen. Einen Vorab-Kniefall für 2012 kann er von seinen Gegnern nicht erwarten. „Formel 1 ist sehr schwer vorherzusagen. Red Bull hat in den vergangenen zwei Jahren dominiert, jetzt müssen wir ihnen gratulieren. Aber für das nächste Jahr kann keiner sagen, wer das schnellste Auto hat“, warnte Alonso den WM-Gewinner.
Ähnlich sah es Hamilton. „Wir fangen von vorn an. Sicher ist, dass wir alle Weltmeister werden wollen - und es für keinen einfach wird“, sagte der Brite. Hamilton durchlebt bei McLaren derzeit selbst schwere Zeiten, sein Teamkollege Jenson Button hat ihm spätestens mit seinem Japan-Sieg in der Vorwoche intern vorerst den Rang abgelaufen.
Auf Gegenwind hat Vettel sich durchaus eingestellt. „Wir hoffen, dass die schwierigen Zeiten noch weit weg sind. Wenn sie kommen, wird sich zeigen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind“, sagte er. Noch aber ist das weltmeisterliche Glücksgefühl nicht aufgebraucht. „Es wird immer besser“, verriet Vettel in Yeongam - und machte sich wieder an die Arbeit.