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Sicherheitsdebatte nach tödlichem Unfall in Le Mans

Le Mans (dpa) - An den Sicherheitsdebatten nach dem tödlichen Unfall seines Landsmanns Allan Simonsen wollte sich Rekordsieger Tom Kristensen nicht beteiligen.

Der 45 Jahre alte Däne hatte genug mit sich selbst zu tun und behielt nach seinem neunten Sieg beim legendären 24-Stunden-Rennen von Le Mans seine Emotionen erst einmal für sich. Länger als unbedingt nötig ließ der Audi-Fahrer im Ziel den Helm auf dem Kopf, während ihm seine Teamkollegen Allan McNish (Schottland) und Loïc Duval (Frankreich) auf die Schulter klopften. Kristensen kannte den 117. Toten beim Langstreckenklassiker in Frankreich gut - und sparte sich nach anstrengenden 4742,892 Kilometern den Jubel im R18 e-tron quattro.

„Was soll ich sagen? Natürlich bin ich glücklich über den erneuten Erfolg hier in Le Mans. Aber die Freude ist wegen des gestrigen tödlichen Unfalls meines Landsmanns und Freundes Allan Simonsen doch sehr getrübt“, sagte Kristensen der Nachrichtenagentur dpa. „Ich kann immer noch nicht fassen, was passiert ist.“ In Le Mans hatte es seit dem Tod des Franzosen Sebastien Enjolras 1997 keinen vergleichbaren Unfall mehr gegeben.

Neun Minuten nach dem Start am Samstag hatte der 34 Jahre alte Simonsen die Kontrolle über seinen Aston Martin verloren und war in die Leitplanke gekracht. Im Streckenkrankenhaus erlag der Fahrer seinen Verletzungen, wenige Stunden nachdem bereits am Nürburgring bei den deutschen Langstreckenmeisterschaften ein 55-jähriger Rennfahrer nach einem Herzinfarkt am Steuer gestorben war. „So etwas kann auch auf einem Mountainbike passieren“, sagte der Präsident des Deutschen Motor Sport Bundes, Hans-Joachim Stuck. „Man darf diesen Zwischenfall nicht dem Thema Rennsport und speziell dem Nürburgring zuordnen.“

In Le Mans wurde nur Stunden nach dem tragischen Zwischenfall bereits eine emotionale Diskussion über die Streckensicherheit geführt. „Der schreckliche Unfall ist auch ein erneutes Signal, dass man nie genug für die Sicherheit tun kann“, sagte der ehemalige Formel-1-Pilot Nick Heidfeld, der mit Problemen am Fahrzeug aufgeben musste. Simonsen war an einer Stelle in die Leitplanke gerast, an der keine Reifenstapel als Puffer aufgebaut waren.

Knapp eine Stunde vor Rennende rutschte auch noch der auf Rang vier liegende Toyota-Prototyp mit Nicolas Lapierre am Steuer auf regennasser Fahrbahn von der Strecke, wurde aber bei seinem Frontaleinschlag von Reifen gebremst. Lapierre konnte selbstständig aus dem Auto steigen. Ein weiterer Aston Martin war am Sonntagvormittag ebenfalls in die Leitplanke gerauscht und wurde zerstört. Verletzte gab es dabei augenscheinlich keine.

„Man wird sich Gedanken machen müssen. Die Rennstrecke führt im 45-Grad-Winkel auf die Landstraße. Gerade an dieser Stelle sollte man mit Reifenstapeln die Leitplanken zusätzlich absichern“, forderte der dreimalige Le-Mans-Sieger Marco Werner, der als Audi-Botschafter in Frankreich weilte. Dagegen nahm der fünfmalige Le-Mans-Gewinner Frank Biela die Verantwortlichen beim 90. Renngeburtstag in Schutz. „Ich glaube nicht, dass man irgendjemandem einen Vorwurf machen kann. An dieser Stelle fliegt man normalerweise nicht von der Strecke.“

Das spannende Duell zwischen den favorisierten Audi und Toyota wurde durch den Unfall früh zur Nebensache. Die Vorjahressieger um André Lotterer (Duisburg) mussten nach Problemen mit der Lichtmaschine die Hoffnung auf einen erneuten Sieg aufgeben. Stattdessen übernahm Kristensen mit seinem Team McNish und Duval die Führung und machte den zwölften Audi-Sieg beim 15. Start perfekt. Mit dem neunten Sieg steht Kristensen nun für viele seiner Kollegen auf einer Stufe mit Rekord-Weltmeister Sebastien Loeb (Frankreich), der die Rallye-WM ebenfalls neunmal gewinnen konnte. „Mit Toyota hatten wir über die gesamte Distanz einen Gegner, der uns alles abverlangt hat. Deshalb ist dieser Sieg - auch unter den wenig erfreulichen Begleiterscheinungen - besonders viel wert“, meinte Kristensen.

Simonsen war bei seinen Kollegen sehr beliebt. Sein Vater und Bruder waren in Le Mans vor Ort. Seine Lebensgefährtin war mit der 2012 geborenen Tochter Mie-Mai in der Wahlheimat Monaco geblieben. Mit Bestürzung reagierten zahlreiche Rennfahrer, darunter Formel-1-Pilot Jenson Button und Audi-DTM-Fahrer Jamie Green, auf die Schreckensnachricht. Simonsen hatte in der dritten Runde bei leichtem Regen die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren. Bis zum Rennende gab es keine offiziellen Angaben, aber Experten gingen davon aus, dass der Fahrer einen Genickbruch erlitten hat. Ein anderes Fahrzeug war an dem Unfall nicht beteiligt.

Die Kurve „Tertre Rouge“, in der Fahrzeuge der GTE-Am-Klasse etwa 170 Stundenkilometer schell sind, ist Teil einer abgesperrten, öffentlichen Landstraße. Deswegen, so die Meinung vieler Beobachter, hätten an dieser Stelle vor den Leitplanken noch zusätzlich schützende Reifenstapel gehört.

In Dänemark änderte der übertragende Radiosender P3 nach dem Tod sofort das Programm. Die verbliebenen vier Fahrzeuge von Aston Martin fuhren weiter. Teamchef David Richards erklärte die Gründe: „Seine Familie hat uns gebeten, weiter zu machen, zu Ehren von Allan, der das sicher so gewollt hätte.“