Staatsanwaltschaft schließt Doping-Akte Armstrong
Los Angeles (dpa) - Lance Armstrong kann aufatmen: Die US-Staatsanwaltschaft schloss überraschend die Doping-Akte Armstrong. Sein langer Kampf gegen die Vorwürfe ist für den siebenmaligen Tour-de-France-Sieger mit der Entscheidung aber noch nicht beendet.
Die amerikanische Anti-Doping-Behörde USADA ermittelt weiter. „Ich bin erfreut, dass die US-Staatsanwaltschaft ihre Untersuchungen beendet hat. Es ist die richtige Entscheidung“, meinte der 40 Jahre alte Armstrong, der im Frühjahr 2011 seine Karriere endgültig beendet hatte.
Hans-Michael Holczer, Teamchef des russischen Katusha-Teams, kommentierte die Entscheidung der Staatsanwaltschaft am Sonntag auf dpa-Nachfrage mit Ernüchterung: „Das hatte ich befürchtet, es kam nicht überraschend. Wahrscheinlich war die juristische Grundlage zu dünn“. Holczer, bei Gerolsteiner Teamchef, als Stefan Schumacher und Co. 2008 des Dopings überführt worden waren, wolle nicht „spekulieren“, ob das Thema Armstrong und Doping nun erledigt sei. Auf jeden Fall sei die „große Welle“, mit der die Ermittlungen begannen, nun „im Sand verlaufen“.
Nach zwei Jahren hatten die Ermittler ihre Untersuchungen gegen den außergewöhnlichen Radprofi aus Texas eingestellt, wie sie in Los Angeles bekanntgaben. Gründe für diesen Schritt nannten die Juristen zunächst nicht. Anders als Holczer reagierte der Weltverbands-Präsident Pat McQuaid hocherfreut. „Wir sind sehr glücklich über diese Entscheidung. Der Radsport hat in den vergangenen zwei Jahren sehr gelitten und an Glaubwürdigkeit eingebüßt. Jetzt liegt die Vergangenheit hinter uns“, sagte der Ire einen Tag vor dem ausstehenden Urteil im Dopingfall Alberto Contador.
Unter Führung von Cheffahnder Jeff Novitzky hatten die Ermittler zu klären versucht, ob während Armstrongs Zeit beim von der Regierung gesponserten Rennstall US Postal ein Dopingprogramm mit dafür zweckentfremdeten Geldern aufgebaut hatte. Bei ihren Untersuchungen haben sie offenbar keine ausreichenden Beweise gefunden.
Ein gemütlicher Ruhestand im Glanze seiner Triumphe bei der Frankreich-Rundfahrt ist Armstrong deshalb aber noch nicht garantiert. Die USADA will ihre Ermittlungen fortsetzen. „Anders als die Staatsanwaltschaft ist es unsere Aufgabe, vielmehr den sauberen Sport zu schützen als Strafrecht durchzusetzen“, sagte USADA-Chef Travis Tygart. „Unsere Untersuchungen zum Doping im Radsport gehen weiter und wir erwarten weitere Informationen durch die Bundes-Ermittlungen.“
Armstrong selbst hatte Doping-Vorwürfe, die ihn während seiner gesamten Karriere begleiteten, stets vehement zurückgewiesen. Wissenschaftlich ist allerdings zumindest erwiesen, dass er 1999 bei seinem ersten Toursieg das Blutdopingmittel EPO benutzt hatte. Eine nachträgliche Analyse, die die Zeitung „L'Équipe“ 2005 nach seinem ersten Rücktritt veröffentlichte, belegt das. Trotzdem gab es keine Sanktionen, weil sportrechtliche Richtlinien - eine B-Probe war nicht mehr vorhanden - dagegen sprachen.
Auch von ehemaligen Teamkollegen wie dem selbst des Dopings überführten Floyd Landis wurde Armstrong mehrfach beschuldigt, leistungssteigernde Mittel genommen zu haben. Zuletzt erklärte der frühere US-Postal-Fahrer Tyler Hamilton im vergangenen Jahr, dass er gesehen habe, wie Armstrong bei und vor den Frankreich-Rundfahrten von 1999 bis 2001 EPO verwendet habe.
Hamiltons Anwalt betonte, dass sein Mandant die Wahrheit gesagt habe. „Der Fakt, dass Doping vorgekommen war, ist ein anderes Thema als eine mögliche Straftat“, sagte Chris Manderson der Internetseite „ESPN.com“, „wenn die Bundesbehörden beschlossen haben, nicht weiter zu ermitteln, bedeutet das nicht, dass niemand bei einem Radrennen betrogen hat.“
Ungeachtet dieser erneuten Vorwürfe zeigte sich Armstrong, der während der Ermittlungen Novitzkys eine wahre Armada von Anwälten aufgeboten hatte, erleichtert und blickte zuversichtlich in die Zukunft: „Ich freue mich darauf, mein Leben als Vater, als Wettkämpfer und als Verfechter des Kampfs gegen Krebs ohne diese Ablenkung fortzusetzen.“