Tony Martins Olympia-Countdown beginnt
Düsseldorf (dpa) - Radprofi Tony Martin, durch einen Handbruch gehandicapt, beginnt 17 Tage vor dem olympischen Zeitfahren mit dem Spezialtraining für London. Sein Trainer Weber berechnete „zehn Prozent“ Leistungseinbußen - die Hoffnung auf Medaillen besteht aber weiter.
Ein paar Tage Ruhe nach der Tour-Tortur müssen reichen, dann startet Tony Martins Olympia-Countdown für das Zeitfahren am 1. August in London. Abseits der Fabian Cancellara von allerlei Experten prognostizierten Goldmedaille scheint für den Wahlschweizer alles möglich - trotz des gebrochenen Kahnbeins in der linken Hand. „Dieses Handicap wird seine Leistung um etwa zehn Prozent schmälern“, vermutet Martin-Trainer Sebastian Weber, unter dessen Regie dem aus der Tour de France am 10. Juli ausgestiegenen Zeitfahr-Weltmeister zunächst eine harte Trainings-Woche bevorsteht.
Messungen beim Tour-Prolog, als Martin noch unverletzt war, und beim Zeitfahren nach Besancon, bei dem der Omega-Quick-Step-Fahrer durch die Fraktur stark eingeschränkt war, hätten diesen Wert ergeben, meinte Weber. „Am Wochenende startet ein Belastungsblock, ein etwa einwöchiges Trainingslager. Wir werden die Elemente herausfinden, an denen er noch arbeiten muss, zum Beispiel die Kraft, oder die Trittfrequenz“, erklärte der Düsseldorfer Coach, der den gebürtigen Rostocker schon im Vorjahr beim US-Team HTC betreute.
Der vertrackten Situation kann Weber aber auch einen positiven Aspekt abgewinnen: Mit Ausnahme von Olympia- und Tour-Prologsieger Cancellara, der an diesem Donnerstag die Tour verließ, wird keiner der Konkurrenten für London „so lange auf dem Zeitfahr-Rad sitzen“ wie Martin. „Wir werden auch hart in den Bergen trainieren - auf der Zeitfahrmaschine“, erklärte Weber der Nachrichtenagentur dpa.
Das Projekt London bezeichnete er als „sehr anspruchsvoll“. Weber weiß: „Cancellara hat die besten Voraussetzungen“. Aber Martin, seit Saisonbeginn mit einem fulminanten Trainingsunfall im April und dem erzwungen Tourausstieg nach Verletzung von permanentem Pech verfolgt, darf weiter von Medaillen träumen.
Der bei der Tour gerade auf allen Gebieten dominierende Bradley Wiggins - der Brite im Gelben Trikot nahm Martin beim Zeitfahren in Besancon 2:16 Minuten ab - ist nach Webers Ansicht in London zu packen. Auch Alt- und Ex-Zeitfahrweltmeister Jan Ullrich ist überzeugt, dass der olympische Kampf gegen die Uhr ein grundsätzlich anderer sein wird, als der während einer strapaziösen Rundfahrt: „Dann sind wieder viel mehr die Spezialisten gefragt.“