Armstrong legt erneut Klage gegen USADA vor

Austin (dpa) - Lance Armstrongs Kampf um seinen Ruf wird immer verzweifelter - der Nimbus des Unantastbaren ist spätestens seit Dienstagabend zerstört.

Durch die lebenslangen Sperren gegen drei ehemalige Betreuer und Ärzte des Amerikaners scheint erstmals bewiesen, dass in Armstrongs Radteams über Jahre hinweg gedopt wurde. Der Texaner, der mit einer neuen Zivilklage die US-Anti-Doping-Agentur USADA blockieren will, könnte als nächster dran sein. Eine schnelle Strafe wird es aber wohl nicht geben. „Bis zu einem Urteil ist es noch ein langer Weg“, vermutet Sportrechtler Michael Lehner in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

Für den siebenmaligen Tour-de-France-Gewinner geht es derzeit um alles. Um seine Reputation, um viel Geld und nicht zuletzt um seine Siege. Die USADA will Armstrong lebenslänglich sperren und die Tour-Erfolge zwischen 1999 und 2005 entziehen. In einem Schiedsgerichtsverfahren könnten zehn Ex-Teamkollegen des 40-Jährigen aussagen, der Rummel und die Medienresonanz dürften riesig sein. Allein schon deswegen will Armstrong einen solchen Prozess um jeden Preis vermeiden.

Am Dienstagabend reichten seine Anwälte eine zweite Klage vor einem Amtsgericht in Austin/Texas ein. Zu Wochenbeginn hatte das Gericht den ersten Antrag empört zurückgewiesen. „80 zumeist unnötige Seiten“ und einen „mechanisch wirkenden Vortrag standardklausulierter Vorwürfe“ wollte Richter Sam Sparks nicht lesen sowie Armstrongs „Wunsch nach Publicity, Selbstverherrlichung und Verunglimpfung der gegnerischen Partei“ nicht nachkommen.

Die neue Klage stampften die Anwälte auf 25 Seiten ein, der Kern blieb der gleiche: die USADA habe kein Recht, ihn zu sperren, Titel abzuerkennen oder zu einem Prozess zu zwingen. „Darüber kann man lebhaft diskutieren“, meinte auch Lehner, der als Außenstehender fand: „Sperrkompetenz der USADA besteht meiner Meinung nach nicht.“

Dass der frühere Radsport-Dominator alle seine sieben Erfolge in Frankreich aberkannt bekommt, gilt als unwahrscheinlich. Bjarne Riis blieb in der Tour-Siegerliste, obwohl er im Nachhinein zugab, 1996 gedopt gewesen zu sein. Das Vergehen war bereits verjährt - bei der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA beträgt diese Zeitspanne acht Jahre.

Viel dramatischer für Armstrong, der auch bei der neuen Klage wieder betonte, in seiner Karriere mehr als 500 mal ohne positiven Dopingbefund kontrolliert worden zu sein, ist die Außendarstellung.

Die drei früheren Teammitarbeiter bei US Postal und Discovery Channel - der Arzt Luis Garcia del Moral, der umstrittene Mediziner Michele Ferrari und Betreuer Jose Marti - hatten die drakonische Strafe der USADA nicht mehr angefochten und die weltweite Sperre damit akzeptiert. Zuvor hatte das Trio jegliches Fehlverhalten noch abgestritten. Die Entscheidung gegen einen Gang vor Gericht kann nun aber endgültig als Doping-Eingeständnis gewertet werden.

„Diese Individuen dauerhaft aus dem Sport zu verbannen, ist eine starke Aussage, die diese und kommende Generationen von Athleten vor ihrem Einfluss schützen kann“, sagte USADA-Geschäftsführer Travis Tygart laut Mitteilung. Nun will er sich Armstrong vorknöpfen.

Während Armstrong sich mit Händen und Füßen gegen eine Prozess wehrt, sorgt die Beharrlichkeit der Behörde anderorts für Staunen. „Ich bin von den Amerikanern angenehm überrascht, dass sie ihr Idol so vom Sockel stoßen“, sagte der Anti-Doping-Experte Fritz Sörgel der dpa. Für den Pharmakologen ist Armstrong „ein hochintelligenter Mann, der den perfekten Betrug über viele Jahre inszeniert hat. Lance Armstrong spielt in jeder Beziehung in einer anderen Liga“.

Durch die zweite Klage hat Armstrong nun etwas Zeit gewonnen - denn die USADA verlängerte die Frist bis zur erforderlichen Stellungnahme um 30 Tage. So soll dem Gericht die Zeit gegeben werden, sich mit dem Antrag auseinanderzusetzen. Trotzdem: Dass sich Armstrong - der in seiner Karriere unzählige Male mit Dopingvorwürfen konfrontiert war, bislang aber immer heil davonkam - ein weiteres Mal aus dem festen Griff der Dopingjäger winden kann, wird immer unwahrscheinlicher.