Totilas kann Gold nicht retten - Riesiger Abstand
Rotterdam (dpa) - Keine Pfiffe für Totilas, aber weit entfernt von der Goldmedaille: Selbst das bisherige Wunderpferd konnte bei der EM den Titel nicht mehr retten. Trotz des teuersten Dressurpferdes der Welt im Team unterlagen die deutschen Reiter den Briten haushoch.
„Das ist eine Menge - Hut ab“, kommentierte Totilas-Reiter Matthias Rath den riesigen Rückstand der zweitplatzierten Deutschen. Bundestrainer Holger Schmezer sagte: „Die Briten haben zwei Totilas und zwei gute Pferde, wir haben nur einen Totilas und drei gute.“
Die Olympia-Gastgeber deklassierten die früheren Seriensieger ein Jahr vor den Spielen in London geradezu und lieferten in Rotterdam eine Demonstration der Stärke. Die Unterlegenen konnten nur staunen und klatschen. Mit 238,678 Prozentpunkten lag Großbritannien klar vor dem deutschen Team (226,110), das immerhin noch Silber vor den Niederländern (222,645) retten konnte.
„Dass es so deutlich wird, hätte ich wirklich nicht gedacht“, kommentierte Isabell Werth tapfer und sagte mit Blick auf London 2012: „Wir dürfen nicht den Kopf verlieren. Wir müssen unsere Hausaufgaben machen und daraus lernen.“ Vor allem Carl Hester mit Uthopia (82,568) begeisterte und erhielt klar bessere Noten als Rath mit Totilas (79,453), der hinter Adelinde Cornelissen (Niederlande) mit Parzival (81,155) nur Dritter im Grand Prix wurde.
„Alle vier haben nicht ihre Bestleistung gebrach2t“, sagte Rath über das deutsche Quartett. Der 27-Jährige aus Kronberg hatte mit Totilas mehrere Fehler, vor allem bei den Einerwechseln und vor dem Halt. „Wir müssen weiter daran arbeiten“, sagte Rath.
Immerhin gab es in Rotterdam nicht die erwarteten Pfiffe der einheimischen Fans für Totilas, der vergangenes Jahr noch mit dem Niederländer Edward Gal dreimal WM-Gold gewann, ehe ihn Paul Schockemöhle für rund zehn Millionen Euro kaufte. „Das war sehr fair“, kommentierte Schockemöhle und sagte zur Leistung des deutschen Teams: „Da ist noch ein bisschen Luft nach oben.“
Hesters zehnjähriger Hengst Uthopia bestätigte seinen Ruf als neues Wunderpferd. Viele Dressurliebhaber halten den dunkelbraunen Hengst schon jetzt für besser als Totilas. „Er ist es, ja er ist es“, sagte dazu der überglückliche Brite, der den meisten Applaus bekam. „Ich dachte, ein Flugzeug landet“, scherzte der 44 Jahre alte Reiter.
Missmutig waren die Mienen der geschlagenen Deutschen. Reitverbands-Präsident Breido Graf zu Rantzau verlangte mit Blick auf Olympia: „Unsere müssen sich anstrengen. Es ist noch ein Jahr Zeit.“ Der Verbands-Chef klang nicht wirklich hoffnungsvoll, als er sagte: „Das Blatt kann sich schnell wenden.“ Derzeit trifft das höchstens auf die Briten zu. 21 Goldmedaillen gewannen die Deutschen, ehe die Niederländer die Superserie 2005 beendeten und zweimal gewannen - und nun siegte erstmals Großbritannien.
„Unsere Pferde sind nicht schlechter“, sagte Werth und forderte: „Wir müssen unsere Leistung auch abrufen.“ Sie ist sich aber sicher: „Das ist kein mentales Problem.“ Die Briten seien allerdings nach diesem Triumph „im nächsten Jahr der absolute Favorit. Wir müssen noch etwas Kohlen drauflegen“, sagte Werth zu ihrem Auftritt mit El Santo (75,213), der vor allem schwache Piaffen zeigte. Schon am Vortag hatte das deutschen Team nach den Ritten von Christoph Koschel (Hagen a. TW) auf Donnperignon (71,444) und Helen Langehanenberg (Havixbeck) mit Damon Hill (71,079) klar hinter den Briten gelegen.
Weitere Medaillenchancen im Einzel gibt es am Samstag im Grand Prix Special und am Sonntag in der Kür. „Ich will versuchen, Gas zu geben“, sagte Werth. Nach dem Team-Gold sind die britischen Gold-Reiter Charlotte Dujardin mit Valegro und Hester mit Uthopia die Favoriten, nicht Rath mit Totilas.