Speerwerferin Obergföll „Champion des Jahres“

Ugento (dpa) - Als die Interviews nach der Wahl von Christina Obergföll zum „Champion des Jahres“ geführt waren, machte Ehemann Boris flugs noch ein paar Aufnahmen fürs neue Familienalbum: Erst seine Frau mit der Läufertrophäe in der Hand, dann am Steuer des eben gewonnenen Zweisitzers.

Auffordern zu lächeln musste Boris Obergföll, geborener Henry, seine ihm seit dem 13. September Angetraute nicht. „Das ist der dritte sehr emotionale Moment: Erst die WM, dann die Hochzeit, jetzt dieser Titel“, zählte die Speerwurf-Weltmeisterin aus Offenburg freudestrahlend auf.

Christina Obergföll, die nach acht Jahren in der Weltspitze im August bei der Weltmeisterschaft in Moskau endlich ihre ersehnte Goldmedaille gewonnen hatte, erhielt bei der Wahl durch 78 Medaillengewinner in der Club-Anlage im süditalienischen Ugento die meisten Stimmen. Die 32-Jährige setzte sich gegen hochkarätige Konkurrenz wie Eric Frenzel, zweifacher Weltmeister und Weltcup-Gesamtsieger in der Nordischen Kombination, oder Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe durch. Sie ist Nachfolgerin von Behindertensportler Gerd Schönfelder und gewann als dritte Leichtathletin nach Diskuswerferin Franka Dietzsch und Speerwerferin Steffi Nerius den Titel „Champion des Jahres“. Die Wahl fand zum 14. Mal statt.

„Das ist ganz großes Kino. Als ich bei der WM Gold gewann, war mir das sofort bewusst. Aber jetzt werde ich einige Zeit brauchen, bis ich realisiert habe, dass ich Champion des Jahres bin“, gab Christina Obergföll ergriffen zu. Sie fühle sich ganz besonders geehrt, weil die Wahl ja durch die Athleten erfolgt sei, sagte sie und fügte hinzu: „Eigentlich ist dieses Jahr 2013 ja nicht mehr zu toppen - vielleicht mit einem Olympiasieg oder einem Kind.“

Wenn es nach den Obergfölls geht, soll schon im nächsten Jahr Familienzuwachs folgen. Die Speerwerferin, die den Ruf der „ewigen Zweiten“ hatte und das Gold von Moskau als „Erlösung“ bezeichnete, müsste dann nur auf die Europameisterschaft in Zürich verzichten und könnte sich danach auf die Titelverteidigung bei der WM 2015 in Peking und auf Olympia 2016 in Rio de Janeiro vorbereiten. Bei den Spielen in Brasilien will Christina Obergföll ihre Karriere möglichst mit dem Olympiasieg beenden. „Nach Bronze in Peking und Silber in London ist für Rio Gold das Ziel“, erklärte sie.

Zuvor soll es aber auf die andere Seite der Welt gehen. Eigentlich hatte das frisch vermählte Paar gar keine Hochzeitsreise machen wollen, weil in den kommenden Tagen der Umzug ins neue Eigenheim ansteht. Weil sich der „Champion des Jahres“ aber eine Traumreise erfüllen darf, werden Christina und Boris Obergföll doch auf Flitterwochen gehen. „In Australien und Neuseeland war ich noch nie. Ich könnte mir vorstellen, dass es da hingeht“, sagte die Speerwerferin.

Wie alle ihre 13 Vorgänger hat Christina Obergföll mit ihrer Wahl zum „Champion des Jahres“ auch den Anspruch auf ständige Teilnahme an der Club-Urlaubswoche für die Medaillengewinner der abgelaufenen Saison erworben. Das beliebte Event, dessen Zukunft wegen des Rückzugs eines Sponsors auf der Kippe stand, wird es auch 2014 wieder geben.

Reinhard Rauball, der zufällig in Apulien ausspannende Ligaverbands-Präsident, sicherte den Veranstaltern, unter anderem der Deutschen Sporthilfe, spontan die Unterstützung des Profi-Fußballs zu. „Die Bundesliga, die Bundesliga-Stiftung und ich persönlich garantieren dafür, dass diese tolle Veranstaltung auch im nächsten Jahr stattfinden wird“, sagte Rauball unter Applaus. Selten erfreute sich Fußball bei den olympischen Sportlern eines größeren Ansehens.