Sportwetten: Der Spitzensport wittert Geld

Nach dem Fall des Monopols rechnen die Funktionäre mit mehr Einnahmen. Der Breitensport meutert.

Berlin. Der deutsche Profifußball freut sich auf zusätzliche Millionen, der DOSB nimmt die Politik in die Pflicht und bei den Landessportbünden geht Existenzangst um: Das überraschende EuGH-Urteil über das unzulässige deutsche Monopol für Glücksspiele und Sportwetten hat den deutschen Sport aufgeschreckt - und gespalten.

Experten sehen im Luxemburger Urteil die große Chance, einen Wettbewerbsnachteil im internationalen Vergleich aufzuholen und jährlich mehr als 300 Millionen Euro zusätzlich durch Sponsoring, Werbung und Abgaben privater Wettanbieter einzunehmen. Bisher war es deutschen Vereinen verboten, mit privaten Sportwetten-Unternehmen zu werben.

"Das Urteil zeigt Chancen auf eine effektive Neuregelung des Glücksspiels und Wettmarkts in Deutschlands", sagte DOSB-Präsident Thomas Bach. "Allerdings muss jetzt kurzfristig dafür gesorgt werden, dass auf dem Wettmarkt kein unkontrollierbarer Wildwuchs in einem quasi rechtsfreien Raum entsteht. Da ist die Politik dringend gefordert."

In einer gemeinsamen Erklärung hatten der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), der Deutsche Fußball-Bund (DFB), die Deutsche Fußball Liga (DFL) und die Sporthilfe die Entscheidung begrüßt. Sie werde für die künftige Regelung von Lotterien und Sportwetten Klarheit schaffen. Und: "Sie stärken die Position des deutschen Sports."

Zahlreiche der 16 deutschen Landessportbünde befürchten allerdings das Schlimmste. "Das Urteil ist eine Katastrophe. Das ist eine Bedrohung des Ehrenamtes", sagte Rolf Müller, Präsident des Landessportbundes Hessen. Sportwetten und Lotterien sind eine tragende Säule der Sportfinanzierung. Im Haushalt der Landessportbünde machen sie rund 80Prozent aus.

Hessens LSB-Präsident forderte gar den Rücktritt von Thomas Bach wegen dessen Reaktion. "DOSB-Präsident Dr. Bach vertritt ausschließlich die Interessen des DFB und der DFL. Es zeigt, dass er in seinem Interesse, IOC-Präsident zu werden, den ehrenamtlich geführten Sport aus den Augen verloren hat", erklärte Müller.

Dagegen sieht sich vor allem der Profi-Fußball als Gewinner: Die DFL plant, Lizenzgebühren zu erheben. Sogar eine Übereinkunft mit dem DOSB soll es geben, die dem gemeinnützigen Sport 80 Millionen Euro bringt.

Erst im Juli hatte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper auf einer IOC-Konferenz die "enorme finanzielle Bedeutung von Sportwetten und Lotterien für den Sport" unterstrichen. "In Deutschland bilden sie mit fast 500 Millionen Euro jährlich eine tragende Säule."