Kaiser Franz: Ruhestand? Schau’n mer mal

Jubiläum: Am Samstag wird Franz Beckenbauer 65. Danach will er sich seiner Familie widmen. Kann einer wie er seine Auftritte reduzieren?

Düsseldorf. Es klingt unglaublich: Der "Kaiser" bereitet sich auf den Ruhestand vor. Franz Beckenbauer will kürzer treten, nachdem er am kommenden Samstag seinen 65.Geburtstag gefeiert hat. Viele seiner Gratulanten glauben allerdings eher, dass es ein Unruhestand wird. Der Kaiser hat nämlich ein großes Problem mit dem Wort "Nein". Bislang wollte er stets dort sein, wo andere auf ihn warten, um von seinem Glanz zu profitieren. Dort, wo sich der Kaiser befindet, ist oben, vorne - und immer die richtige Richtung.

Sein früherer Weggefährte Günter Netzer beschreibt Beckenbauer als den Glücksfall des deutschen Fußballs. Doch der Kaiser ist viel mehr als nur ein ehemaliger Fußballer-Künstler. Dieses Beliebt- und Bekanntheitsgrades über die vergangenen 20 Jahre kann sich keine noch so bedeutende Persönlichkeit in Deutschland rühmen. Ohne den omnipräsenten Beckenbauer, der sich in seinem Leben wohl mehr Kilometer mit dem Hubschrauber als im Auto fortbewegt hat, hätte es das Sommermärchen 2006 nicht gegeben. Selbst das Wetter hatte er für knapp fünf Wochen Weltmeisterschaft unter seiner Kontrolle. Seiner herzlichen Art und seiner Ausstrahlung ist es zu verdanken, dass Deutschland als WM-Gastgeber innerhalb von vier Wochen mehr erreicht hat, als es 60 Jahre Außenpolitik vermocht haben.

Wenn einer überzeugend reden kann, ohne zwingende Argumente zu haben, dann ist es Beckenbauer, der viel anpackt und ebenso viel Gold daraus macht. "Wenn der Kaiser spricht, legen sogar die Engel ihre Harfen beiseite", hat Trainerlegende Max Merkel einmal über den zweifachen Fußball-Weltmeister gesagt. Und Schalkes Ex-Manager Rudi Assauer behauptete: "Wenn der Franz erklärt, ab morgen spielen wir mit viereckigen Bällen, würden es alle tun." Stoff für Skandale hat es genug in seinem Leben gegeben. Die Kunst, trotzdem keinen einzigen Zacken aus der Krone zu verlieren, ist allein eine Frage der Aura. Seiner Aura.

"Irgendeiner muss ja in dem Land was tun, wenn alle immer nur klagen, dass der Nachwuchs fehlt", sagte Beckenbauer anlässlich der Geburt seines fünften Kindes aus seiner dritten ernsthafteren Beziehung und hatte die Sympathien sofort wieder auf seiner Seite. Das Aufwachsen seiner ersten Kinder habe er verpasst, das soll ihm jetzt nicht mehr passieren. Doch noch bewegt sich Beckenbauer in Sachen Zukunft im Konjunktiv. Er zweifelt wohl selbst etwas an seinem festen Willen, ins Rentnerdasein einzusteigen. So verwunderte es eigentlich, dass die Rolle als Identifikationsfigur für die Olympischen Spiele 2018 in München für ihn mal nicht in Frage kam.

Auszuschließen ist nicht, dass der Noch-64-Jährige einen Rückzieher macht. Es wäre nicht das erste Mal. Denn auch als Spieler wollte er nie mehr in der Bundesliga spielen, nachdem er 1977 zu Cosmos New York gewechselt und so mehr oder weniger in den Ruhestand als Spieler getreten war. Ausgerechnet Günter Netzer holte ihn 1980 zum HSV zurück und ist selbst gerade als TV-Kritiker in Ruhestand gegangen.